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Kommentar: Israel muss auf Zivilisten Rücksicht nehmen

Peter Philipp31. Juli 2006

Selbst wenn das Blutbad, das Israel in der libanesischen Stadt Kana angerichtet hat, tatsächlich von der Hisbollah provoziert worden sein sollte: Auch für Israel gilt immer noch das Völkerrecht, meint Peter Philipp.

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Beim israelischen Luftangriff auf Kana kamen über 50 Menschen ums LebenBild: AP

Die Bilder ähneln sich: eine palästinensische Familie, die am Strand von Gaza durch Granatfeuer umkommt; UNO-Beobachter, deren Unterstand im Bombenhagel zum Grab wird; und nun Frauen und Kinder, die im südlibanesischen Dorf Kana vom Schutt des Hauses begraben werden, in dem sie vor israelischen Angriffen Zuflucht gesucht hatten. Diesen Vorfällen folgte stets die spontane israelische Erklärung, man bedaure den Verlust unschuldigen Lebens.

Der Vorfall von Kana soll jetzt untersucht werden - wie die anderen Fälle auch untersucht wurden. Das Ergebnis wird allerdings ähnlich unbefriedigend sein. Denn schon jetzt heißt es, Hisbollah habe den Tod von mehr als 50 Frauen und Kindern provoziert, indem sie aus dem Ort Kana heraus Raketen auf Israel abgefeuert habe.

Mehr Rücksicht auf Zivilbevölkerung vonnöten

Nun stimmt es zwar, dass Hisbollah nicht zögert, sich hinter solch einem "menschlichen Schutzschild" zu verstecken. Bedeutet das aber, dass Israel deswegen keine Fürsorgepflicht gegenüber den Zivilisten im Kriegsgebiet mehr hätte? Noch gilt das Völkerrecht, nach dem die Krieg führenden Parteien auf Nicht-Kombattanten und unschuldige Zivilisten Rücksicht zu nehmen haben.

Außerdem beabsichtigt Israel vorgeblich mit seinen Angriffen, die Sicherheit seiner eigenen Bevölkerung wiederherstellen und gewährleisten zu wollen. Kann - und darf - es das aber tun, indem es scheinbar blind Zivilisten auf der Gegenseite angreift?

Israel gefährdet seinen internationalen Rückhalt

Sogar in Israel selbst rührt sich nun Protest: Man sehe immer nur das eigene Leid, nicht aber, was man den anderen zufüge. International hieße das: Israel reagiere unverhältnismäßig hart, und es bestrafe eine ganze Bevölkerung für die Taten einiger Radikaler.

Natürlich ist man im Ausland bereit, Israel ein Recht auf Selbstverteidigung zuzugestehen. Ganz besonders in Deutschland tut man dies. Das rücksichtslose Vorgehen gegen Zivilisten und die Infrastruktur des Libanons hat solches Verständnis in den letzten Tagen aber schwer lädiert.

Israel kann "asymmetrischen" Konflikt nicht gewinnen

Noch scheint die Welt ratlos und hilflos. Zwar hat man die eigenen Staatsbürger evakuiert und man ist zu humanitärer Hilfe bereit. Aber man setzt dem Blutvergießen kein Ende: Von einer internationalen Truppe wird nur geredet. Und Aufrufe zu einer Waffenruhe scheitern an Washingtons Solidarität mit Israels Kriegsziel. Ein Kriegsziel, das man - wie die Geschichte zeigt - nicht mit Kampfbombern und Panzern erreichen kann. Im Kampf mit Hisbollah bekommt Israel deutlich die Nachteile zu spüren, die solch ein "asymmetrischer" Konflikt mit sich bringt.

Israel kann und wird diesen Krieg nicht gewinnen. Keiner kann hier gewinnen. Alle werden Verlierer sein und sind es schon. Je früher das aufhört, desto besser.