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Grüne Opposition am Ende?

11. Juni 2010

Gescheiterte Revolution oder erster Schritt zur Demokratie? Was ist aus der "Grünen Bewegung" geworden, die gegen die Wiederwahl Mahmud Ahmadinedschads auf die Straße ging? Ein Kommentar von Jamsheed Faroughi.

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DW-Experte Jamsheed Faroughi

Was war eigentlich die „Grüne Bewegung"? Sie war nur auf den ersten Blick eine Protestwelle gegen den ultra-konservativen Präsidenten. In Wirklichkeit war sie die Freiheitsbewegung einer jungen und weltoffenen Gesellschaft, die jegliche Illusion von einem glücklichen Leben unter der Herrschaft der Ayatollahs verloren hatte und einen Ausweg aus den Missständen des Gottesstaates suchte. Die Proteste waren das Lebenzeichen einer Gesellschaft mit einer vergeudeten Vergangenheit, einer langweiligen Gegenwart und einer perspektivlosen Zukunft.

Mutiger Aufstand für Freiheit

Iranische Oppositionelle mit grüner Fahne (Foto:ap)
Grün wurde zur Farbe des Protests im IranBild: AP

Es war keine Revolution, keine blinde Rebellion. Es war der mutige Aufstand für Freiheit, Demokratie und ein besseres Leben, für Wünsche also, die die Iraner seit geraumer Zeit hegen. Es sind genau die Forderungen der Konstitutionellen Revolution von 1905, die Ziele der Islamischen Revolution von 1979. Nur mit einem Unterschied. Diesmal ist die Triebkraft des Aufstandes nicht mehr nur die Utopie von einem besseren Leben, sondern klare Vorstellungen und realistische Erwartungen.

Das vergangene Jahr war gekennzeichnet durch einen Vertrauensbruch, eine Legitimitätskrise der Regierung und durch unbeschreibliche Brutalität. Die Machthaber im Iran haben nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl alles unternommen, um die Massenproteste zu beenden, mit allen Mitteln. Die friedlichen Demonstrationen wurden blutig niedergeschlagen, die politischen Gefangenen misshandelt, gefoltert und etliche auch hingerichtet. All das hat dazu geführt, dass in den vergangenen Monaten keine großen Demonstrationen mehr stattgefunden haben, eine eventuelle Aussöhnung zwischen Gesellschaft und Staat ist damit immer unwahrscheinlicher geworden.

Regierung und Bevölkerung entfremden sich zunehmend

Internationale Proteste gegen den Iran
Der Widerstand gegen Präsident Ahmadinedschad wächstBild: ap

Das wirksamste Heilmittel gegen die Sehnsucht nach Demokratie und Freiheit ist nicht Gewalt, sondern die Bereitschaft, auf die Bevölkerung zuzugehen und die sozialen Probleme an der Wurzel zu packen. Doch genau das Gegenteil praktiziert die iranische Regierung unter Ahmadinedschad.

Das wirtschaftspolitische Missmanagement, die daraus resultierende Krise und eine zügellose Korruption sorgen für noch mehr Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Selbst viele Konservative identifizieren sich nicht mit der Wirtschafts- und Außenpolitik Ahmadinedschads. Der Konflikt zwischen Parlament und Regierung ist kein Geheimnis mehr. Hinzu kommen die Folgen einer Verschärfung der Sanktionen und der zunehmende Druck der Weltgemeinschaft auf Teheran angesichts der massiven Menschenrechtsverletzungen.

Ein Jahr ist es her. Und doch ist keine Atempause in Sicht. Der Machtkampf geht unvermindert weiter. Es ist völlig ungewiss, wie lange er noch dauern wird. Nur eins ist sicher: Trotz aller Gewalt und des hohen Blutzolls in den letzten zwölf Monaten ist die iranische Gesellschaft ihrem demokratischen Ziel schon einen gewaltigen Schritt nähergekommen.

Autor: Jamsheed Faroughi
Redaktion: Thomas Latschan