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Politik

Merkel will kein Anti-Trump sein

Soric Miodrag Kommentarbild App
Miodrag Soric
17. März 2017

Die Kanzlerin hat viel Erfahrung im Umgang mit politischen Egomanen. Nun trifft sie - nach dem Schneefall in Washington - endlich Donald Trump. Ihre therapeutische Kompetenz dürfte hilfreich sein, meint Miodrag Soric.

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Bildcollage Donald Trump Angela Merkel lächelnd
Bild: picture-alliance/dpa/J. Knappe & Reuters/K. Lamarque

Da ist zum Beispiel der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. Je länger er im Amt ist, desto wütender poltert er, vergleicht die demokratische, ja heute fast schon biedere Bundesrepublik mit dem Deutschland des Nationalsozialismus. Merkel weist die Ausfälle mit einer Sachlichkeit vom Tisch, als ob sie einer Schulklasse erklärte, weshalb die Sicherung im Keller gelegentlich durchknallt. Sie lässt sich auch nicht provozieren, wenn der Chef der polnischen Regierungspartei, Jaroslaw Kaczynski, vor dem "deutschen Diktat" warnt. Keinen Mundwinkel verzieht sie, wenn Russlands Präsident Wladimir Putin die Sanktionen des Westens als ungerecht brandmarkt. "Der lebt in einer eigenen Welt", lautet ihre Diagnose.

Die Kanzlerin "freut" sich auf den Besuch 

Jetzt also Donald Trump. Was hat er ihr in den vergangenen Monaten nicht alles vorgeworfen! Merkel würde Deutschland ruinieren. Trump sagte Aufstände an Rhein und Oder voraus. Seine deutschen Freunde seien von Merkels Flüchtlingspolitik so entsetzt, dass sie Europa verlassen würden. Doch Frau Doktor Merkel kann auch damit umgehen: Sie freue sich auf die persönliche Begegnung, hieß es trocken. Trumps Kritik prallt an ihr ab. Im Vorfeld des Besuches hat die Kanzlerin die Erwartung so weit gesenkt, dass viele allein das Händeschütteln vor dem Weißen Haus schon als Erfolg bewerten werden.

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DW Washington-Korrespondent Miodrag Soric

Das Ziel: Washington in der Spur halten

Die Kanzlerin bleibt auch vor dem USA-Besuch sachlich. Zu viel steht auf dem Spiel. Ein Handelskrieg zwischen der EU und den USA würde die Weltwirtschaft schwer belasten. Eine Schwächung der NATO, ein amerikanischer Isolationismus wären das Ende der bisherigen Weltordnung - mit unabsehbaren Folgen. 
Eine Abkehr Amerikas vom Pariser Klimaabkommen brächten Tod und Elend in Afrika. Ein Aufgeben der gemeinsamen Werte, würde die Glaubwürdigkeit des Westens untergraben. Trump mag das Auseinanderbrechen der EU herbeisehnen. Angela Merkel wird umso hartnäckiger das europäische Projekt verteidigen. Und sich durchsetzen. Zu ihrer Stärke gehört, dass viele sie immer noch unterschätzen. 

Merkel als sachliche Anführerin Europas

Die Welt besser machen - wie es Amerikaner gerne pathetisch formulieren - das will auch die Kanzlerin. Doch sie meidet den großen Auftritt; sie mag keine Übertreibungen, stilisiert sich auch nicht als Anti-Trump. Sie integriert, grenzt nicht aus. Sie ist die unbestrittene Anführerin Europas, weil sie keine Führung beansprucht. Großmannssucht ist ihr fremd. Kein unüberlegtes Wort kommt ihr über die Lippen.

Bei dem Treffen der beiden Politiker, werden sich die Beobachter auf Donald Trump konzentrieren: Wird er wieder etwas Unüberlegtes sagen? Kann er verhandeln ohne zu drohen? Wird er die USA würdig repräsentieren? Selbst wenn Trump etwas Peinliches entgleitet - Angela Merkel wird so tun, als ob sie es nicht vernommen hätte. Denn Trump ist nicht ihr erster schwieriger Fall.

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