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Modis schwierige Mission

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Mahesh Jha
23. Mai 2015

Seit einem Jahr ist der indische Premierminister Narendra Modi im Amt - und erzielte einige Erfolge. Aber ein modernes Indien zu gestalten, das wird doch schwieriger als er dachte, meint Mahesh Jha.

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Indiens Premierminister Modi in China. (Foto: Xinhua)
Indiens Premierminister Modi in ChinaBild: Imago/Xinhua

Das öffentliche Ansehen eines Staatsmannes beruht auf Charisma und Durchsetzungsvermögen. Narendra Modi ist da keine Ausnahme. An dem Image, das Modi vor einem Jahr im Wahlkampf mit seinen politischen und intellektuellen Fähigkeiten sowie einer überlegenen Marketingstrategie aufgebaut hatte, müssen nun auch seine Leistungen im ersten Jahr gemessen werden.

Ein wichtiger Erfolg ist es, dass Modi seine Wahlheimat, den Bundesstaat Gujarat, modernisiert, indem er Investoren aus dem Ausland holt und Bürokratie abbaut. Die Vorgängerregierung der Kongresspartei hatte in den vergangenen zehn Jahren eine uferlose Korruption - auch auf höchster Ebene - geduldet und war endlich abgewählt worden.

Hohe Erwartungen

Die Wähler in Indien hatten große Erwartungen an Modi. Die junge Generation hoffte, dass Modi neue, gut bezahlte Arbeitsplätze schafft und die Lebensqualität verbessert. Industrie und Handel hofften, dass die neue Regierung die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft fördert. Und Frauen hofften auf mehr öffentliche Sicherheit. All das waren Bestandteile von Modis Wahlversprechen "Gute Zeit für das Land".

Jahrzehntelang war Indien von großen Parteibündnissen regiert worden. Endlose ineffiziente politische Diskussionen hatten den öffentlichen Wunsch befördert, dass nun endlich eine starke Regierung schneller Entscheidungen trifft. Modis persönliche Leistung hat nicht enttäuscht, obwohl er erst ein Jahr regiert. Als neuer Regierungschef von Indien ist er ein Phänomen an sich und zieht nicht nur die Aufmerksamkeit der Staatsmänner und -frauen aus der ganzen Welt auf sich, sondern auch die von jungen Indern im In- und Ausland. Modi hält Indien zwar in den Schlagzeilen, führt das Land aber nicht zu dem, was er sich selbst erhofft hatte.

DW-Redakteur Mahesh Jha. (Foto: DW)
DW-Redakteur Mahesh Jha

Kriterien für Modis Erfolg

Die Kriterien für ein Urteil über Modis erstes Regierungsjahr sind daher: Hat er seine Wahlversprechen umgesetzt? Welche politischen Entscheidungen wurden getroffen, um die Wirtschaft anzukurbeln? Und welche Debatten wurden über Strukturreformen geführt, die nicht nur bessere Lebensqualität ermöglichen, sondern auch das Wachstum nachhaltig machen?

Modi erweist sich als Ideengeber neuer Initiativen wie "Sauberes Indien", "Sauberer Ganges" und "Sicherheit und Bildung für die Töchter". Aber seine Regierung hat noch nichts getan, um auch den Erfolg solcher Programme sicherzustellen. Ein Minuspunkt in Sachen Durchsetzungskraft.

Der neue persönliche Führungsstil schafft Modi neue Feinde anstatt Freunde. Um die Blockade der Entscheidungsprozesse zu aufbrechen, machte Modi sein Büro zum Zentrum der Entscheidungen für große Umwelt- und Infrastrukturprojekte. Diese koordinierende Stelle führt dazu, dass die Ministerien für Umwelt, Landwirtschaft und Arbeit an Macht und Einfluss verlieren. Der Neid wächst.

Defizite im Kampf gegen die Armut

Im Gegensatz zu China und anderen ostasiatischen Ländern hat Indien versäumt, Fortschritte bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und Armut zu erzielen. Obwohl die ganze Welt mit Interesse auf Indien schaut. Die Kampagne "Make in India" formuliert ebenfalls große Herausforderungen.

Ohne Zweifel dominiert Modis One-Man-Show die öffentlichen Wahrnehmung über die gesamte Regierungsarbeit. Fast das gesamte Kabinett und hohe Regierungsmitarbeiter verschwinden hinter der Lichtgestalt des Premierministers, der jeden öffentlichen Auftritt gerne wahrnimmt. Für viele Inder ist Modi das einzige Gesicht der Regierung in der Öffentlichkeit.

Die Sympathiewerte sinken

Doch bei seinen Stammwählern hat Modi an Sympathie eingebüßt. Ernüchterung kehrt wieder ein. Die oppositionelle Kongresspartei gewinnt wieder an Unterstützung. Um diesem Trend entgegenzuwirken, müsste Modi nicht nur die Gefühle der Bauern besänftigen, sondern auch um die Gläubigen anderer Religionen werben, um Muslime und Christen. Diese fühlen sich seit Modis Amtsantritt verstärkt bedroht durch hinduistisch-extremistische Fanatiker. Modi selbst ist ein bekennender Hindu-Nationalist.

Und nicht zuletzt: Um neue Arbeitsplätze zu schaffen, muss Indien investorenfreundlicher werden. Ausländische Investoren stehen zwar Schlange - aber bevor sie einen Euro ausgeben, erwarten sie stabile und nachhaltige Rahmenbedingungen. An dieser Stelle ist bis jetzt noch nichts passiert. Modi ist ein Kämpfer aus Überzeugung. Aber er merkt, dass seine Aufgabe schwieriger und langwieriger wird, als er vor einem Jahr vermuten konnte. Indien ist eben größer als Gujarat.

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