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Kommentar: Moskaus fragwürdige Unterstützung für Lukaschenko

29. Juni 2006

100 Tage ist Aleksandr Lukaschenko erneut im Amt. Seine Wiederwahl verlief weder fair noch frei. Solange er Unterstützung aus Moskau erhält, dürfte seine Position unangetastet bleiben. Cornelia Rabitz kommentiert.

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Die Wiederwahl Aleksandr Lukaschenkos am 19. März mit rund 83 Prozent der Wählerstimmen war nur möglich auf der Basis massiver Einschüchterung von Bürgern, Repressalien gegen die Opposition - und aufgrund von Zensur und fehlender Pressefreiheit. Rund hundert Tage liegt die weißrussische Wahlfarce nun zurück, die großen öffentlichen Proteste der Opposition in Minsk sind abgeflaut oder wurden unterbunden. Das internationale Empörungsritual ist vorbei, ein paar westliche Sanktionen wurden verhängt: Kontensperrungen und Einreiseverbote gegen den Präsidenten und einige Führungsfiguren des Regimes.

Mächtiger Verbündeter Moskau

Alexander Lukaschenko lässt das alles kalt. Noch weiß er ja einen mächtigen Verbündeten an seiner Seite: Russland mit seinem Präsidenten Wladimir Putin. Der hat gerade russische Soldaten zum gemeinsamen Manöver zu den Streitkräften ins Nachbarland entsandt. Er unterstützt die dortige Wirtschaft mit Vorzugspreisen für Gas. Und er hat für die undemokratischen Verhältnisse in Weißrussland nichts als Lob übrig. Kurzum, Russland tut alles dazu, um den Autokraten Lukaschenko wirtschaftlich über Wasser und damit politisch an der Macht zu halten.

Freilich ist dies kein Blankoscheck auf eine gesicherte Zukunft. Irgendwann wird man sich auch in Moskau fragen müssen, ob sich die Solidarität mit Minsk in barer politischer Münze auszahlt, oder ob es nicht eher eine Fehlinvestition in ein international geächtetes, dubioses Regime ist. Die derzeitige Unterstützung jedenfalls wirft einen hässlichen Schatten zurück auf diejenigen in Moskau, die sich der Freundschaft mit dem Autokraten in Weißrussland verschrieben haben.

Klare Worte notwendig

Der Westen sollte dazu beitragen, dass Russland möglichst bald zur Einsicht kommt. Auf dem bevorstehenden G8-Gipfel in Sankt Petersburg böte sich eine gute Gelegenheit, Präsident Wladimir Putin auf seinen zweifelhaften Verbündeten hinzuweisen. Und darauf, dass diese Freundschaft im sowjetischen Stil nicht zu den internationalen und wirtschaftlichen Ambitionen des heutigen Russland passt. Putin muss klar gesagt werden, dass, wer demokratisch zweifelhafte Regime stützt, selbst Zweifel an den eigenen politischen Absichten nährt.

Der Westen kann aber noch mehr tun. Er kann helfen, die weißrussische Opposition zu konsolidieren und ein Auseinanderbrechen der eben erst geschmiedeten Allianzen zu verhindern. Er kann die nichtstaatlichen Organisationen in Weißrussland unterstützen, unabhängige Kulturprojekte fördern, und den aus den Universitäten entfernten kritischen Studenten helfen. Und schließlich täte die Europäische Union gut daran, Medienprojekte, die die Zensur in Weißrussland und das staatliche Meinungsmonopol durchbrechen, weiter zu unterstützen.

Nichts von alledem wird einen raschen Wandel hin zu demokratischen Verhältnissen in Weißrussland bewirken. Eine Revolution steht nicht vor der Tür. Die Menschen dort - Opfer staatlicher Propaganda und daraus resultierender Ängste - müssen langsam überzeugt werden. Und das wiederum ist eine Aufgabe für Leute mit einem langen Atem.

Cornelia Rabitz
DW-RADIO/Russisch, 27.6.2006, Fokus Ost-Südost