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Kommentar: Nicht stabil genug für die EU

11. September 2008

Intensivere Beziehungen zur Ukraine ja, aber in absehbarer Zeit keine Chance für den von Kiew gewünschten EU-Beitritt. Dies ist die Bilanz des EU-Ukraine-Gipfels in Paris. Bernd Johann kommentiert.

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Bild: DW

Die Ukraine drängt auf engere Anbindung an die EU. Das nicht erst seit dem russischen Einmarsch in Georgien. Aber vor dem Hintergrund des Kaukasus-Krieges hat sich in der Ukraine ein Gefühl der Unsicherheit und Bedrohung breit gemacht. Eine Mitgliedschaft in der EU scheint daher umso attraktiver.

Die meisten Politiker in Kiew – aus dem Regierungslager wie der Opposition - streben für ihr Land die EU-Mitgliedschaft an. Sie wollen nicht, dass ihr Land in eine Grauzone zwischen Russland und der EU gerät. Vor allem die Bürger in der Ukraine könnten wirtschaftlich von einem EU-Beitritt profitieren. Das gilt übrigens auch für die ukrainischen Industriebosse, die die europäischen Märkte längst im Blick haben.

Altbekannte Ziele

Doch eine EU-Mitgliedschaft ist nach dem Gipfeltreffen in Paris weiterhin nicht in Sicht. Einen ukrainischen EU-Beitritt können sich östliche EU-Staaten wie Polen, Tschechen und die baltischen Länder, aber auch Großbritannien und Schweden vorstellen. Deutschland, Frankreich und die meisten anderen EU-Staaten stehen dieser Idee jedoch skeptisch gegenüber. Und sie haben sich mit ihrer Position bei dem EU-Ukraine-Gipfel durchgesetzt: Weitere Annäherung der Ukraine an die EU – Ja. Aber keine Festlegung in Richtung EU-Mitgliedschaft. Das ist das Signal von Paris.

Die gemeinsame Abschlusserklärung bietet außer dem Begriff der „assoziierten Partnerschaft“ wenig Neues. Es werden altbekannte Ziele wiederholt: Der Aufbau einer Freihandelszone, Erleichterungen in der Visa-Politik gegenüber der Ukraine, schließlich die Vertiefung der Zusammenarbeit in der Außen- und Sicherheitspolitik. Keine Frage: Diese Themen sind wichtig. Sie stehen zu Recht auf der Agenda der europäisch-ukrainischen Beziehungen. Aus Sicht der ukrainischen Bürger dürfte dabei vor allem die Abschaffung des Visumzwangs bei Reisen in die EU die wichtigste Frage sein, die es im beiderseitigen Verhältnis zu lösen gilt.

Um eine Antwort herumgedrückt

Aber die eigentliche Frage, nämlich nach der Beitrittsperspektive für die Ukraine, ist weiter ungelöst. Der Pariser Gipfel hat sich um eine Antwort herumgedrückt. Mit Blick auf das derzeit schwierige Verhältnis der EU zu Russland könnte man vermuten: Die EU will die wegen Georgien arg belasteten Beziehungen zu Russland nicht noch weiter verschlechtern, indem sie der Ukraine eine Mitgliedschaft anbietet. Andererseits – und das ist sicher der Hauptgrund für die Zurückhaltung der EU: Die Ukraine ist alles andere als politisch stabil.

Mitten in der Georgien-Krise und wenige Tage vor dem EU-Ukraine-Gipfel platzte wieder einmal eine ukrainische Regierungskoalition. Seit Jahren schon sind die ukrainischen Politiker in innenpolitische Intrigen verstrickt. Ein Ende dieser Tumulte ist nicht in Sicht. Und das ist wohl der wichtigste Grund dafür, dass Politiker der EU derzeit nicht gewillt sind, die Ukraine zur Mitgliedschaft einzuladen.

Bernd Johann