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Politik

Normalität Terror?

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Felix Steiner
23. Mai 2017

Nach dem Terroranschlag von Manchester übt sich Europa in bereits bekannten Ritualen. Das verdeckt die eigene Hilflosigkeit. Dabei hat vor allem die Politik auch andere Möglichkeiten, meint Felix Steiner.

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UK Manchester nach dem Anschlag
Die Europäer sind immer weniger religiös - aber bei Terror soll stets gebetet werden, gerne auch mit #Hashtag Bild: Reuters/S. Wermuth

Nun also Manchester. Wieder Terror mitten in einer europäischen Metropole. Wieder ein Anschlag auf Menschen, die einfach nur Spaß haben, sich vergnügen wollten. Wieder ein Selbstmordanschlag. Und wieder reklamiert der sogenannte "Islamische Staat" den todbringenden Terror für sich, noch bevor die Polizei etwas zur Person des Täters hat verlauten lassen.

Besonders perfide dieses Mal die Wahl des Anschlagsortes: das Konzert eines Teenie-Stars. Unter den Opfern daher viele Kinder und Jugendliche. Wer sich selbst noch an seine Jugend erinnert, oder Teenies als Kinder hat, weiß, wie die einem solchen Abend entgegenfiebern. Wie beseelt und glücklich sie sich auf den Heimweg machen. Und dann in die Arme eines solch bestialischen Mörders fallen… Kein Terror dieser Welt kann sich irgendwie nachvollziehbar rechtfertigen. Aber wie krank muss sein, wer sich bewusst und gezielt solche Opfer sucht?

Berichterstattungs- und Betroffenheitsroutine

Déjà vu-Erlebnisse auch im Umgang mit dem Terror. Auf allen Nachrichtenseiten die gleichen Überschriften:"Chronologie des Terrors", "Was wir wissen und was wir nicht wissen". Nichtssagende und allein voyeuristische Augenzeugenberichte: "Die Leute haben geschrien und sind weggerannt" - ja was denn sonst? "Überall lagen Schuhe" - logisch bei einer Generation, die Schnürsenkel für altmodisch hält. Zahllose Reaktionen der Musikwelt und der Politik: Wollen Betroffenheit zeigen und wirken doch schon so austauschbar und routiniert. Seit dem frühen Morgen wird getwittert, was das Zeug hält: Alle sind jetzt in Gedanken bei den Opfern. Und alle zivilisierten Nationen stehen in Solidarität an der Seite Großbritanniens. Was auch immer das an einem Tag wie diesem konkret heißen mag.

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DW-Redakteur Felix Steiner

Auch nicht fehlen darf die Verdunklung des Eiffelturms in Paris in der Nacht zum Mittwoch. Natürlich ein Zeichen der Trauer, das am Morgen danach auf allen Newsportalen zu sehen sein wird. Genauso wie die Bilder der britischen Premierministerin am Anschlagsort und von der Andacht in Manchester, die es noch geben wird. All das zeigt, dass Europa, welches inzwischen in sicherer Regelmäßigkeit von islamistischem Terror heimgesucht wird, längst seine Routine im Umgang mit dem Schrecken gefunden hat. Rituale, die verdecken sollen, dass es eine einfache und schnell wirksame Antwort im Kampf gegen den Terror nicht gibt. Naturgemäß nicht geben kann.

Als wäre nichts gewesen

Und morgen schon wird das Leben in Europa weitergehen, als sei nichts gewesen: Die Menschen werden weiterhin Konzerte, Einkaufszentren, Fußballspiele oder in Deutschland den Kirchentag besuchen. Mit einem mulmigen Gefühl vielleicht - aber sie werden hingehen. Weil sie die mögliche Terrorgefahr dort als Normalität längst akzeptiert haben. Die politisch extreme Rechte wird das für ein Zeichen der Schwäche halten und weiter von einer Ausweisung aller Muslime aus Europa schwadronieren. Und alle Anderen sehen das als ein Signal der Stärke und Unbeirrbarkeit. Weil man sich von Terror nicht einschüchtern und unterkriegen lassen darf.

Und dennoch bleibt die Politik gefordert, hat auch Möglichkeiten: zum Beispiel mit der harten Kontrolle und gegebenenfalls auch dem Verbot all der Gotteshäuser und Gebetsräume, in denen Terroristen sich radikalisiert haben. Die gibt es nämlich in ganz Europa. Oder wie es Donald Trump am Sonntag in Riad ganz pragmatisch vorgemacht hat: Rund 50 Staatschefs - allen voran der saudische König - haben einen Vertrag unterzeichnet, dass sie die direkte oder indirekte Finanzierung des IS aus ihren Ländern unterbinden werden. Mag sein, dass auch das nicht viel hilft gegen den Terror in Europas Städten - das muss die Zukunft zeigen. Sinnvoller, als Nichtstun oder stupides Bombenwerfen auf Städte im Nahen Osten, in denen naturgemäß auch Zivilisten leben, ist es allemal.

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