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Kommentar: Nur die Ruhe!

Olivia Gerstenberger2. Juni 2014

Weniger als zwei Wochen vor Beginn der WM gibt es bei der deutschen Fußball-Nationalelf scheinbar viel zu viele Verletzte und Sorgen. Doch das war schon immer so, erinnert DW-Reporterin Olivia Gerstenberger.

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Olivia Gerstenberger (Foto: DW)
DW-Reporterin Olivia GerstenbergerBild: Michael Palm

In Deutschland ist mal wieder der große Pessimismus ausgebrochen. Nur 2:2 gegen Kamerun! Die Afrikaner hätte man doch mit 3:0 aus dem Stadion schießen müssen, damit so etwas wie eine positive WM-Stimmung aufkommt. Und dann die lange Verletztenliste - Lahm, Neuer, Schweinsteiger, auch Klose waren nicht einsatzfähig und Khedira hat auch noch Luft nach oben. Özil war ja ein Totalausfall. Zudem noch das regnerische Trainingslager mit dem schweren Unfall beim Sponsorentermin... Also zusammengefasst: So wird das nichts mit dem Titel, so übersteht die deutsche Elf nicht einmal das Achtelfinale.

Weit gefehlt, liebe Schwarzseher! Was wäre denn geschehen, hätte der herrliche deutsche Angriffswirbel in der 1. Spielminute zum Torerfolg geführt und der sensible und großartige Ballkünstler Özil seine Großchance genutzt? Die "unbezähmbaren Löwen" wären vermutlich erst gar nicht ins Spiel gekommen. Und am Ende hätte ein schönes Ergebnis gestanden. So aber sind alle wachgerüttelt. "Das hält die Konzentration hoch", hat Thomas Müller etwa gesagt. Bundestrainer Joachim Löw hat erneut wichtige Erkenntnisse gewonnen. Nicht nur positionsbezogen, auch gegnerbezogen - da man erwarten darf, dass Vorrunden-Kontrahent Ghana ähnlich körperbetont auftreten wird wie Kamerun. Dem gilt es etwas entgegenzusetzen. Und daran kann man arbeiten.

2006 war es die "Wade der Nation"

In der Geschichte der Weltmeisterschaften hat es immer Hiobsbotschaften oder Horrorergebnisse vor Turnierbeginn gegeben. Man denke nur an die verletzte "Wade der Nation" von Kapitän Michael Ballack bei der WM 2006 - die zum deutschen Sommermärchen wurde, oder die Verletzung Ballacks 2010. Wir erinnern uns: Damals ging dafür der Stern von Sami Khedira auf und Thomas Müller wurde Torschützenkönig. Wer weiß, wer uns dieses Mal überraschen wird? Einige neue Gesichter sind ja jetzt dabei.

Zudem hat Löw nun nicht Neuer, Lahm und Khedira wieder nach Hause geschickt, sondern die Perspektivspieler Mustafi und Volland. Zwar legt sich Löw damit auf nur einen nominellen Stürmer (Klose) fest, aber sein System sieht sowieso eher eine moderne Aufstellung mit einem "falschen Neuner" vor. Schmelzer, der es ebenfalls nicht nach Brasilien geschafft hat, verlor offensichtlich das vereinsinterne Duell mit Senkrechtstarter Erik Durm wohl auch verletzungsbedingt. Nach Gesprächen mit der medizinischen Abteilung und den Spielern selbst geht Löw also davon aus, dass seine nominierten Spieler bis zum 16. Juni einsatzfähig sind. Damit stehen im endgültigen 23er-Kader Spieler von Weltklasseformat, nach denen sich viele Nationen die Finger lecken. Wenn Deutschland mit diesem WM-Kader nicht Mitfavorit ist, mit welchem denn dann?

Die Effizienz wird schon kommen, wenn es darauf ankommt. Testspiele sind Testspiele. Die Bälle, die gegen Kamerun noch daneben, an die Latte oder an den Pfosten gingen, werden schon ihren Weg ins Tor finden. "Wir wissen, was wir können", hat Müller nach dem Abpfiff noch einmal betont. Darauf sollte man vertrauten. Spätestens im Halbfinale ist der Glaube an die eigene Elf bestimmt auch in Deutschland wieder da. Wetten?