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Ratlos gegenüber dem IS-Terror

Martin Zagatta Kommentarbild App
Martin Zagatta
2. September 2015

Der "Islamische Staat" hat den antiken Baal-Tempel in Palmyra zerstört. Dass niemand gegen die Vernichtung des Weltkulturerbes vorgeht, zeigt die Hilflosigkeit der internationalen Gemeinschaft, meint Martin Zagatta.

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Syrien Palmyra Baaltempel
Bild: picture-alliance/dpa/blickwinkel/F. Neukirchen

Erst den Baalschamin-Tempel gesprengt, und nun - wie es zu befürchten war - auch noch den Baaltempel in Schutt und Asche gelegt, das Herzstück der antiken Stadt Palmyra. 2.000 Jahre Weltkulturerbe einfach so ausgelöscht von einer Terrormiliz, die sich "Islamischer Staat" nennt. Doch bei allem Entsetzen ist es müßig, jetzt zu fragen, ob die UNESCO mit ihrem Appell, Palmyra als eine "Wiege der Zivilisation" unbedingt zu verschonen, den Hass der selbsternannten Gotteskrieger nur noch angestachelt hat. Schließlich haben sie die assyrischen Königsstädte Ninive, Hadra und Nimrud im Nordirak genauso dem Erdboden gleichgemacht.

Fassungslose Archäologen

Und wenn fassungslose Archäologen nun verlangen, spätestens jetzt sei der Zeitpunkt gekommen, Bodentruppen, woher auch immer, einzusetzen, um dem unsäglichen Treiben des IS endlich ein Ende zu machen, dann muss man ihnen auch nicht Zynismus vorwerfen, nicht vorhalten, dass sie Steine wichtiger nehmen als Menschen. Solche Forderungen jetzt angesichts der Zerstörung von Palmyra zu erheben, ist Ausdruck von Verzweiflung, von Rat- und Hilflosigkeit.

Denn ein Ende des Bürgerkriegs, des täglichen Leidens und Sterbens in Syrien ist nicht abzusehen. Rund 250.000 Menschen sind bisher getötet worden, fast elf Millionen Syrer wurden aus ihrer Heimat vertrieben. 40 Prozent der Bevölkerung sind schon geflohen oder auf der Flucht. Und trotz der Luftangriffe der von den USA geführten Koalition haben die IS-Terroristen ihr Herrschaftsgebiet noch ausdehnen können. Palmyra zu schützen haben die Kampfjets erst gar nicht versucht, offenbar weil man den Truppen von Präsident Assad nicht zu Hilfe kommen wollte. Wenn die Regierung in Damaskus jetzt allerdings dem IS vorwirft, das historische Erbe Syriens zu zerstören, ist das mehr als heuchlerisch von einem Regime, das sich nicht scheut, mit Fassbomben die ebenfalls zum Weltkulturerbe gehörende Altstadt von Aleppo, eine Rebellenhochburg, in Grund und Boden zu stampfen.

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Martin Zagatta, derzeit ARD-Korrespondent in KairoBild: Deutschlandradio/Bettina Fürst-Fastré

Keine Einigkeit bei den Gegnern des IS

Dass niemand ernsthaft gegen die Vernichtung Palmyras vorgeht, gegen den "Islamischen Staat", zeigt die ganze Hilflosigkeit der internationalen Gemeinschaft. Das Assad-Regime, das den IS lange gewähren ließ, ist zu schwach. Der gerade öffentlich gewordene, neue Friedensplan der UNO, der eine Übergangsregierung ohne Assad vorsieht, ist wohl schon wieder zum Scheitern verurteilt, nachdem Russland umgehend sein Festhalten an dem syrischen Präsidenten bekräftigt hat.

Und die Arabische Liga hat die Aufstellung einer Eingreifgruppe zum Kampf gegen den "Islamischen Staat" vor Tagen erst wieder auf unbestimmte Zeit verschoben. Das alles spielt den Islamisten in die Hände, die auch sehr genau wissen, dass sie mit der Zerstörung antiker Stätten ebenso große Aufmerksamkeit erzielen wie mit ihren grausigen Hinrichtungsvideos.

So ist abzusehen, dass nun noch mehr der leidgeplagten Menschen in Syrien aus ihrer Heimat flüchten werden - auch nach Europa.

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