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Kommentar: Rumsfeld-Rücktritt bringt keine Besserung im Irak

Daniel Scheschkewitz, Washington DC9. November 2006

US-Präsident Bush hat seinen Verteidigungsminister Rumsfeld ersetzt durch den ehemaligen CIA-Chef Gates ersetzt. Ob er an der Situation im Irak viel ändern wird, muss jedoch bezweifelt werden, meint Daniel Scheschkewitz.

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Donald Rumsfelds Rücktritt am Mittwoch (8.11.2006) war überfällig. Präsident George W. Bush hatte viel zu lang an seinem Mann im Pentagon festgehalten. Jetzt hat ihn die saftige Wahlniederlage für die republikanische Partei zum Handeln gezwungen. Denn die Kongresswahl vom Dienstag war vor allem ein Referendum über den Krieg im Irak. Den hat Verteidigungsminister Rumsfeld als eine der treibenden Kräfte in Washington nicht nur geplant und mitverantwortet, er hat ihn als Chefstratege auch ins Chaos geführt. Rumsfeld war deshalb nicht nur in der Bevölkerung unbeliebt, er war auch im Militär selbst zunehmend isoliert. Zuletzt hatten nicht nur acht Generäle der US-Armee seinen Rücktritt gefordert, sondern auch vier unabhängige Militärzeitschriften, die seine Inkompetenz als nicht länger tragbar empfanden.

Moralische Richtschnur verloren

Rumsfeld, der in seinen besten Momenten durch seinen intellektuellen Scharfsinn und seinen beißenden Humor bestechen konnte, war klug genug, um zu begreifen, was die Stunde geschlagen hat. Er hatte Bush seinen Rücktritt schon einmal nach den desaströsen Folter-Fotos aus dem Abu-Ghoreib-Gefängnis in Bagdad angeboten. Abu Ghoreib rangiert in der Liste der von ihm zu verantwortenden Missstände und Fehlentwicklungen weit oben. Seine Folter-Memos aus der Chefetage des Pentagon führten mit dazu, dass die USA im Kampf gegen den Terror zwischenzeitlich ihre moralische Richtschnur verloren.

Zum Verhängnis wurde Rumsfeld jedoch sein Unvermögen, rechtzeitig den guten Ratschlag kluger Militärs zu befolgen. Die hatten die Zahl der Truppen, die man für eine Stabilisierung des Irak brauchen würde, schon vor dem Krieg deutlich höher eingeschätzt. Rumsfeld schlug ihren Rat in den Wind, behauptete vielmehr, der Irak lasse sich im Handstreich und für wenig Geld erobern.

Bürgerkrieg im Irak ist auch Rumsfelds Verschulden

Als schwerer Fehler erwies sich auch die Auflösung der irakischen Streitkräfte nach der Einnahme Bagdads. Hatte man schon selbst nicht genügend Soldaten mitgebracht, um das auseinanderfallende Land unter Kontrolle zu bringen, so hätte man mit einer stehenden Armee unter neuer Führung zumindest eher für Ruhe sorgen können. Stattdessen kämpfen heute ethnische Milizen im Irak um die Macht und die noch in den Kinderschuhen steckenden neuen Sicherheitskräfte werden nicht Herr der Lage. Dass der Irak im Bürgerkrieg versinkt, ist nicht zuletzt Rumsfelds Verschulden, der an seinen Plänen zur kostengünstigen Umstrukturierung der US-Armee festhielt, obwohl im Irak seit langem vor allem eines, nämlich mehr Soldaten benötigt wurden.

Mit den Demokraten an der Macht und dem politischen angeschlagenen Präsidenten wird Rumsfelds Nachfolger wohl nur noch den geordneten Rückzug aus dem Irak verwalten können. So jedenfalls scheint der Auftrag des amerikanischen Wählers zu lauten. Besserung für den Irak ist nicht in Sicht.