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Politik

Schaltet die SPD jetzt auf Attacke?

30. Mai 2017

Ein Ministerpräsident erkrankt schwer und tritt zurück, die SPD muss daraufhin ein paar Posten neu besetzen. Klingt unspektakulär und wäre es auch - wenn nicht in vier Monaten Bundestagswahl wäre, meint Sabine Kinkartz.

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Symbolbild Boxen
Bild: Fotolia/mankale

Die Sozialdemokraten geraten immer wieder aus dem Tritt: drei verlorene Landtagswahlen in Folge, ein nach kurzem öffentlichen Hype sichtlich angeschlagener Spitzenkandidat und nun auch noch die schwere Erkrankung von Erwin Sellering. Der Rücktritt des Ministerpräsidenten und SPD-Landesvorsitzenden von Mecklenburg-Vorpommern ist für die Partei ein echter Verlust - und das nicht nur menschlich. Sellering war als Landesvater beliebt und hätte im hohen Norden sicherlich auch im Bundestagswahlkampf gute Stimmung für die SPD machen können.

Es passt zu Sellering, dass er sein Amt nicht ungeordnet verlässt und sogar für seine Nachfolge vorgesorgt hat. Manuela Schwesig soll es werden. Die 43-jährige SPD-Vizechefin kann damit an ihre frühere Wirkungsstätte heimkehren: Einst war sie Sozialministerin unter Sellering. Schwesig hat mit Mann und zwei kleinen Kindern ihren Wohnsitz in Schwerin. In Berlin hat sie als Bundesfamilienministerin fast alle ihre politischen Vorhaben umgesetzt; der Posten der jüngsten deutschen Ministerpräsidentin könnte ein nächster Karriereschritt sein.

Eine Chance für Schulz

Dem SPD-Vorsitzenden und Kanzlerkandidaten Martin Schulz kommt der Weggang Schwesigs gar nicht ungelegen, gibt es ihm doch die Gelegenheit, sein Wahlkampfteam kurzfristig umzugestalten. Nach zwei Jahren als SPD-Generalsekretärin hat Katarina Barley zuletzt keine so gute Figur gemacht. Zu brav, zu wenig angriffslustig, so sagen ihre Kritiker. Vor allem hat sie es nicht geschafft, den Wahlkampf der Sozialdemokraten richtig auf Touren zu bringen. Für die vier Monate bis zur Bundestagswahl soll Barley nun Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend werden.

Kinkartz Sabine Kommentarbild App
Sabine Kinkartz, DW-Korrespondentin im Hauptstadtstudio

So wird der Weg frei für einen neuen SPD-Generalsekretär. Dass Schulz' Wahl ausgerechnet auf Hubertus Heil fällt, wundert dann aber doch. Heil ist dort kein Neuling. Von 2005 bis 2009 war er schon einmal SPD-Generalsekretär und gab den Posten ab, nachdem die SPD bei der Bundestagswahl elf Prozentpunkte verloren hatte und auf 23 Prozent abgesackt war. Das führte sie in die Opposition - übrigens auch damals aus einer großen Koalition kommend. Hubertus Heil wird alles versuchen, seine Scharte von damals auszuwetzen. Sein Vorteil: Er kennt das Willy-Brandt-Haus bis in den letzten Winkel. Er braucht keine Einarbeitungszeit, kann direkt loslegen.

Die FDP lauert schon

Der neue SPD-Generalsekretär wird auf Attacke setzen, wird versuchen, die SPD in die Offensive zu bringen. Ein Kraftakt, eine wahre Herkulesaufgabe gar. In allzu kurzer Zeit muss Heil die SPD und den vielbeschworenen "Schulz-Zug" vom Abstellgleis holen. Er muss dafür sorgen, dass das im Werden begriffene SPD-Wahlprogramm endlich konkretisiert und Kanzlerkandidat Martin Schulz auf der Berliner Bühne deutlich präsenter wird. Denn das ist der größte Fehler, den das Wahlkampfteam der SPD in den letzten Wochen und Monaten gemacht hat: zuzulassen, dass Schulz nach seinem überraschenden Höhenflug sang- und klanglos in der Versenkung verschwand, und dass die Welle der Euphorie so schnell verebbte.

In den aktuellen Umfragen trennen die SPD wieder rund zehn Prozent von CDU und CSU. Gleichzeitig macht sich die FDP für einen Wiedereinzug in den Bundestag bereit und könnte dann erneut als Koalitionspartner für die Union bereit stehen - wie 2009. Wiederholt sich hier Geschichte? Man muss wirklich kein Schwarzseher sein, um sich diese Frage zu stellen.

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