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Der alte Spezi Mutko muss weichen

27. Dezember 2017

Nun also doch. Witali Mutko tritt als Chef des Fußball-WM-Organisationskomitees zurück. Russlands Präsident Wladimir Putin will vor der WM im eigenen Land einfach seine Ruhe, sagt DW-Sportredakteur Stefan Nestler.

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Russland Sportminister Witaly Mutko & Wladmir Putin
Bild: picture-alliance/dpa/Tass/M. Metzel

Witali Mutko ist weg. Das wurde auch allerhöchste Zeit. Und damit sind wir schon mitten drin in der Analyse. Denn eigentlich war der frühere Sportminister allerspätestens seit dem Bericht des WADA-Sonderermittlers Richard McLaren im Juli 2016 in keiner Funktion mehr haltbar. Der Report bestätigte nicht nur, was der ARD-Dopingexperte Hajo Seppelt bereits recherchiert hatte, sondern ging teilweise sogar darüber hinaus: In Russland wurde in ganz großem Stil gedopt, nicht nur mit Wissen, sondern auch mit Unterstützung des Geheimdienstes und anderer staatlicher Stellen.

In jedem anderen Staat, der sich Demokratie nennt, hätte der Sportminister als erster Verantwortlicher sehr schnell seinen Hut nehmen müssen. Dass Mutko dies nun tat, um anschließend als neuer Vizepremierminister weiter für den Sport zuständig zu bleiben, sagt viel aus über den Zustand Russlands unter Präsident Wladimir Putin. Chef des nationalen Fußballverbands blieb Mutko zunächst auch noch, ebenso Präsident des Organisationskomitees für die WM 2018, zu dem er 2011 erklärt worden war.

Leichen im Keller

FIFA-Chef Infantino während Mutkos Wutrede. Foto: Imago
FIFA-Chef Infantino während Mutkos WutredeBild: Imago/ITAR-TASS/A. Demianchuk

Und Mutko wurde nicht müde, dem Westen eine Hexenjagd gegen Russland vorzuwerfen. Noch unmittelbar vor der Auslosung der WM-Gruppen am 1. Dezember setzte er zu einer neunminütigen Wutrede an, dass westliche Medien nichts anderes im Sinne hätten, als sein Land zu diskreditieren. FIFA-Chef Gianni Infantino saß reglos daneben und verstieg sich zu dem Kommentar, dass schließlich alle Dopingtests im Fußball bei der WM 2014, dem Confed Cup und in den Klub-Wettbewerben negativ ausgefallen seien. Keine Rede von den 34 russischen Fußballern, die im McLaren-Report als Profiteure des Betrugssystems genannt werden, darunter der gesamte WM-Kader Russland für 2014.

Als Mutko am Montag verkündete, er werde nur für die nächsten sechs Monate sein Amt als russischer Fußballchef ruhen lassen - eine doch eigentlich durchsichtige Finte eines Unbelehrbaren -, sprach die FIFA von einem "verantwortungsvollen Schritt". Dass der Fußball-Weltverband auch jetzt noch nach der Demission Mutkos als WM-OK-Chef ihm für den "außerordentlich wertvollen bisherigen Beitrag zur Vorbereitung des Turniers" dankte, sagt viel aus über den Zustand der FIFA unter Präsident Gianni Infantino. Die FIFA will es sich nicht verscherzen mit Wladimir Putin, so kurz vor der WM-Endrunde. Wer weiß, welche "Leichen" im Zusammenhang mit der WM-Vergabe der russische Präsident im Keller liegen hat, über die hochrangige Fußball-Funktionäre stolpern könnten.

Mutko nur ein Bauernopfer

Für Putin ist sein alter Spezi Mutko ein Bauernopfer, das ihm ein wenig Ruhe in unruhigen Zeiten verschaffen könnte. Die Beweise für die Verwicklung des früheren Sportministers in den Dopingskandal waren erdrückend. Putin hätte natürlich, wie schon nach der Veröffentlichung des McLaren-Reports und auch sonst oft, auf stur schalten können. Die FIFA hat ihn sicher nicht gedrängt, Mutko zu entfernen. Putin war wohl einfach die Negativschlagzeilen über seinen langjährigen Weggefährten leid. Schließlich ist die Fußball-WM 2018 für den russischen Präsidenten das Prestige-Event schlechthin, noch viel höher einzuordnen als die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi. Hier will Putin vor aller Welt glänzen. Und nach der WM kann er Mutko ja wieder einen anderen Posten im Sport zuschachern.

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DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter