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Stasi - ein zeitloses Thema

Marcel Fürstenau17. März 2015

Über keinen Geheimdienst ist in so kurzer Zeit so viel bekannt geworden wie über den DDR-Geheimdienst. Trotzdem gibt es auch 25 Jahre nach der Akten-Öffnung viele Fragen. Marcel Fürstenau findet das gut und wichtig.

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Das Emblem des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), kurz Stasi genannt.
Bild: wikimedia/Jgaray

Fast 68.000 Anträge auf persönliche Akteneinsicht sind 2014 in Roland Jahns Behörde eingegangen. Mit dieser Bilanz kann der vom Parlament gewählte Bundesbeauftragte für die Hinterlassenschaften der DDR-Staatssicherheit gut leben. Ein Hinweis auf doppelt und dreifach so hohe Antragszahlen in der frühen Zeit nach dem Mauerfall ist kaum mehr als bloße Statistik. Die aktuelle Zahl ist allein schon deshalb beeindruckend, weil seit Öffnung der Stasi-Akten fast ein Vierteljahrhundert ins wiedervereinte Land gegangen ist. Und trotzdem gibt es immer noch Viele, die erstmals oder erneut einen Blick in den Abgrund wagen. Denn das offenbaren die penibel angelegten Ordner der DDR-Geheimpolizei vor allem: staatliche Willkür, menschliche Schwächen, Verrat und Misstrauen.

Aufarbeitung ist gesamtdeutsche Aufgabe

Die im Vereinigungsprozess von ostdeutschen Bürgerrechtlern durchgesetzte Öffnung der Stasi-Akten weitete damals wie heute den Blick auf das Wesen einer Diktatur und ihre willigen Helfer. Und die saßen auch im freien Westen des 40 Jahre geteilten Landes. Die alte Bundesrepublik war - abgesehen vom systematischen Ausspitzeln der eigenen Bevölkerung - das wichtigste Zielgebiet des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Es ist deshalb auch mehr als ein pflichtbewusstes Bekenntnis, wenn der amtliche Stasi-Aufklärer Jahn die Aufarbeitung als "gesamtdeutsche Aufgabe" bezeichnet. Trotzdem denken die Allermeisten fast ausschließlich an die DDR, wenn das Wort Stasi fällt.

An der einseitigen Blickrichtung vermochten auch die im Zwei-Jahres-Rhythmus vorgelegten Tätigkeitsberichte der Stasi-Unterlangen-Behörde leider kaum etwas zu ändern. Jahn hat damit kein Problem. DDR-Verharmloser oder sogenannte "Ostalgiker" wird er ohnehin nicht bekehren können. Deshalb verfolgt er einen pragmatischen Ansatz und verweist lieber auf die zahlreichen Veröffentlichungen und Ausstellungen zum Phänomen Stasi. Vieles davon stammt aus seinem Haus und ist durchaus zeitgemäß, wie die vor kurzem frei geschaltete Online-Mediathek. In ihr wird multimedial illustriert, wie das MfS Menschen observiert, eingeschüchtert oder sogar zersetzt hat. Alles Begriffe, die aus dem Wörterbuch der Stasi stammen.

Marcel Fürstenau, Korrespondent im DW- Hauptstadtstudio
DW-Hauptstadtkorrespondent Marcel FürstenauBild: DW/S. Eichberg

"Was ist der Unterschied zwischen Stasi und NSA?"

Eine neue Generation suche nach Antworten, sagt Jahn. "Was ist der Unterschied zwischen Stasi und NSA?" wollen junge Menschen von ihm wissen. Jahn, selber Stasi-Opfer, findet derlei Fragen alles andere als abwegig oder verharmlosend. Das eine wie das andere sei ein "Eingriff des Staates". So unvergleichbar der Geheimdienst einer Diktatur mit dem in einer Demokratie ist - die Gegenüberstellung kann hilfreich sein. Die Stasi eignet sich dabei als ideales Anschauungsmaterial. Wären die Akten unter Verschluss geblieben, gäbe es dieses zeitlose Material nicht. Die Öffnung war im ersten Moment ein Akt der Befreiung für die Betroffenen, die Stasi-Opfer. Die Auseinandersetzung mit der Stasi-Geschichte insgesamt ist aber auch eine Schule der Demokratie.