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Kommentar: UN-Truppe hat geringe Erfolgsaussichten

Peter Philipp19. Juli 2006

Kofi Annans Vorschlag, eine größere UN-Friedenstruppe in den Nahen Osten zu entsenden, stößt bei den Sicherheitsratsmitgliedern auf Zurückhaltung und Skepsis. Aus gutem Grund, meint Peter Philipp in seinem Kommentar.

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Kofi Annan will eine neue, größere UN-Friedenstruppe für den Nahen OstenBild: AP

In einer Situation allgemeiner Ratlosigkeit wie der nun im Libanon kommt es schon einmal vor, dass man auf Ideen und Pläne verfällt, deren Wirkungslosigkeit doch längst erwiesen ist. So geistert nun der Vorschlag umher, man brauche eine Internationale Truppe, um das südlibanesische Grenzgebiet zu befrieden und Angriffe über die Grenze hinweg zu unterbinden. Aber man weiß nicht, welches Mandat eine solche Truppe haben könnte und haben sollte. Und man weiß nicht, wie stark sie sein oder wie sie sich zusammensetzen muss. Man weiß eigentlich nur, dass die Kontrahenten - Israel und Hisbollah - zumindest gegenwärtig nicht einverstanden sind.

Und man weiß natürlich auch, dass es eine ähnliche Truppe in der Gegend ja eigentlich längst gibt: "UNIFIL" - die "UNO-Interim-Streitkraft im Libanon" - demonstriert seit ihrer Gründung im März 1978, wie dauerhaft "Interim-Lösungen" manchmal doch auch sein können. Und auch, wie wenig sie wirklich lösen.

UN bereits vor Ort

UN-Truppen im Libanon
Die UNIFIL-Truppen der Vereinten Nationen befinden sich seit 1978 im LibanonBild: picture-alliance / dpa

Aufgabe von UNIFIL war es, den israelischen Rückzug aus der Gegend zu ermöglichen, international Frieden und Sicherheit zu schaffen und der libanesischen Regierung zu helfen, ihre Autorität im gesamten Staatsgebiet wieder herzustellen. Ursprünglich 4.500 - heute 2.000 - Mann aus Ländern wie Frankreich, Fidschi, China, Polen oder Indien errichteten an Ortseinfahrten Straßensperren und durchsuchten Autos nach Waffen und Sprengstoff. Größere Auseinandersetzungen konnten sie aber nicht verhindern, sondern mussten tatenlos zuschauen, wie damals die Palästinenser-Organisation PLO nach Israel schoss und israelische Truppen in den Süd-Libanon eindrangen - und später der Libanon-Krieg ausbrach.

Immerhin: Israel hat den Libanon im Jahre 2000 verlassen - 22 Jahre nach Stationierung von UNIFIL. Aber das ist nicht das Verdienst dieser UNO-Truppe. Die PLO ist auch kein Faktor mehr in der Gegend, dafür ist sie längst ersetzt durch Hisbollah. Und die libanesische Zentralregierung kontrolliert den Süd-Libanon immer noch nicht.

Konfliktparteien müssen zustimmen

Normalerweise müssten die Konflikt-Partner dem Einsatz einer solchen Truppe zustimmen. Im Falle Israels ist klar, wer genau zustimmen muss. Im Falle des Libanon aber nicht: Muss die Zentralregierung zustimmen oder Hisbollah? Und was, wenn Hisbollah nicht einverstanden ist? Frieden stiften gegen den Willen der Beteiligten ist unmöglich. Vielleicht aber doch wenigstens einen Waffenstillstand. Nur würde das voraussetzen, dass eine solche internationale Truppe ihr Ziel notfalls mit militärischer Macht zu erreichen sucht. Und sich dabei gegen Hisbollah und Israel stellen müsste. Sicher keine Aufgabe für 2.000 leicht bewaffnete UNIFIL-Soldaten.

UNIFIL hatte im Laufe der Jahre rund 250 Opfer zu beklagen. Und eine kämpfende Truppe geht noch viel größere Gefahren ein. Das sollten sich die überlegen, die jetzt nach ihr rufen. Und sie werden auch wissen, dass zuerst gefordert sein wird, wer am lautesten gerufen hat.

Was Deutschland betrifft, so kann der Hinweis auf die besonderen Beziehungen zu Israel nicht nur als Ausrede, sondern auch als Verpflichtung dienen. Wenn Ruhe und Frieden denn wirklich mit einer starken internationalen Truppe erzwungen werden könnten.