1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Kommentar: Unverhohlene Drohung

Daniel Scheschkewitz, Washington DC17. März 2006

Fünf Jahre nach den Anschlägen vom 11. September sehen sich die USA vor allem vom Iran bedroht. Doch statt Vertrauen schaffenden Maßnahmen betonen die USA die eigene militärische Stärke. Daniel Scheschkewitz kommentiert.

https://p.dw.com/p/87lF
Das Weiße Haus in Washington, Sitz der US-RegierungBild: AP

Ob es ein Zufall ist? Ausgerechnet an dem Tage, an dem der Iran den USA erstmals seit 25 Jahren konkrete bilaterale Verhandlungen anbietet, wird in Washington die neue Sicherheitsstrategie veröffentlicht, die das Regime in Teheran als gefährlichste Bedrohung für die USA identifiziert. Für den Fall, dass es der internationalen Staatengemeinschaft nicht gelinge, den Iran mit diplomatischen Mitteln zur Umkehr bei seinem Atomprogramm zu zwingen, wird eine Konfrontation in Aussicht gestellt.

Unverhohlener haben die USA Teheran noch nie gedroht. Zusammen mit der erneuerten Bush-Doktrin des Rechts der USA auch auf militärische Präventivschläge klingt dies eher nach Eskalation, auch wenn Bushs Sicherheitsberater Stephen Hadley am Donnerstag (16.3.2006) eher sanftere Töne anschlug. Unter anderem machte er die Bemerkung, die Führung des Iran lasse Anzeichen des Nachdenkens erkennen. Und auch Washington zeigte sich durchaus gesprächsbereit. In Bezug auf die Lage im Irak, wo man dem Iran seit Monaten eine destruktive Einmischung nachsagt. Aber auch in Bezug auf sein Atomprogramm, vorausgesetzt, die internationale Staatengemeinschaft bleibe bei ihrer geschlossenen Haltung gegenüber Teheran.

Russland und China bei der Stange halten

Vor wenigen Wochen hatte das noch viel ablehnender geklungen. Ähnlich wie im Falle Nordkoreas, wo die so genannten Sechs-Parteien-Gespräche durchaus Bewegung in die verhärteten Fronten gebracht haben, könnte sich die Bush-Regierung genötigt sehen auch gegenüber dem Iran selbst diplomatisch aktiver zu werden. Wenn sich zum Beispiel nur auf diesem Weg Russland und China im UN-Sicherheitsrat bei der Stange halten lassen.

Die Iran-Politik der USA ist im Fluss und deswegen sollte man den Text der Sicherheitsstrategie in diesem Punkte nicht überbewerten. Kriegszenarien wären jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt vollkommen unangebracht. Dass die USA auf der Bush-Doktrin der berechtigten Präventivschläge beharren würden, war zu erwarten – schließlich hat sich die terroristische Bedrohung ja nicht in Luft aufgelöst, und wie weit die Verbreitung von Nukleartechnologie inzwischen gediehen ist, hat das Netzwerk des Pakistaners Khan ja auf erschreckende Weise dokumentiert.

Primat der Diplomatie

Die Bush-Doktrin ist allerdings eingebettet in eine Politik, die das das Primat der Diplomatie betont. Auf diesem Feld hat man vor allem im Einklang mit Verbündeten weitaus bessere Erfolge erzielt als mit dem ganzen Krieg im Irak, dessen Entwicklung die größten Pessimisten zu bestätigen scheint.

Auf diplomatischem Wege wurde nicht nur Libyen zum Verzicht auf Massenvernichtungswaffen bewogen, auch der syrische Abzug aus dem Libanon oder die zarten Demokratieversuche in Saudi-Arabien und Ägypten sind auf diplomatischen Druck zurückzuführen. Die Bush-Regierung hat Recht: Stabile Demokratien mit entwickelten demokratischen Institutionen bieten die beste Gewähr für friedliche Koexistenz. Nur lässt sich der Regimewechsel nicht militärisch erzwingen – weder im Irak noch im Iran.

Insofern muss der militärischen Drohkulisse eine Absage erteilt werden. Washington sollte das erklärte Ziel des Regimewechsels im Iran aufgeben zugunsten vertrauensbildender Maßnahmen. Mit den angekündigten Gesprächen über die Lage im Irak könnte hier der Anfang gemacht werden.