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Kommentar: Viel Lärm um Warhol

Stefan Dege13. November 2014

Öffentliche Kunst unterm Hammer: Die Versteigerung zweier Warhol-Bilder im Besitz eines staatseigenen Casinos hat für viel Wirbel gesorgt. DW-Kulturredakteur Stefan Dege kann die Aufregung nicht nachvollziehen.

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Andy Warhols Werke Auktion Christie's
Bild: Reuters/Brendan McDermid

Ja, "Triple Elvis" und "Four Marlons" haben zu einem guten Preis den Besitzer gewechselt, rund 120 Millionen Euro waren es am Ende. Und ja, es waren zwei Bilder aus dem Besitz der Westspiel, einer letztlich staatseigenen Unternehmung. Gewiss: Die beiden Warhols dürften Deutschland für immer verlassen haben. Doch mit der Versteigerung bei Christie's in New York hat ein Kunst-Skandal seinen Abschluss gefunden, der keiner war. Die Kunst kam nicht zu Schaden.

Der Verkauf war umstritten. Mit dem Erlös will die "Westdeutsche Spielbanken
GmbH & Co. KG" ihr verschuldetes Casino in Aachen sanieren und eine Filiale in Köln errichten. Kritiker monierten, hier würde kulturelles Tafelsilber verscherbelt, um Haushaltslöcher zu stopfen. Es drohe ein Ausverkauf der Kulturlandschaft. Museumsdirektoren appellierten öffentlich an die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen, den Deal zu stoppen. Und warnten vor einem Tabubruch. Kulturstaatsministerin Monika Grütters mahnte, die öffentliche Hand dürfe Kunst nicht zum Spekulationsobjekt machen. Dagegen verwies die Landesregierung in Düsseldorf darauf, hier agiere ein selbstständiges Unternehmen. Da habe die Politik sich nicht einzumischen.

Keine Museumskunst

Porträt - Stefan Dege
DW-Kulturredakteur Stefan DegeBild: DW/K. Dahmann

Ironie der Geschichte: Alle haben Recht! So ist die Westspiel eine hundertprozentige Tochter der landeseigenen NRW-Bank. Sie gehört zwar dem Staat, ist aber ein Unternehmen, das für seine Schulden selbst aufkommen muss. Richtig ist auch: Die Warhol-Bilder wurden nicht von Museumswänden abgehängt. Denn die Westspiel ist kein Museum, schon gar kein staatliches. Der behauptete Tabubruch fand also nicht statt. Dennoch stimmen die Argumente der Museumsdirektoren, wonach der Staat einmal erworbene Kunst nicht abstoßen darf, wenn der Marktwert stimmt, nur um Haushaltslöcher zu stopfen.

Das wäre dann Frevel. Im westdeutschen Krefeld konnte solcher kürzlich gerade noch verhindert werden. Die klammen Stadtväter wollten ein Monet-Gemälde aus Museumsbesitz verkaufen. Als Erlös wurden 20 Millionen Euro erwartet. Zum Glück fanden sich dann aber andere Geldquellen für die Sanierung des maroden Kaiser-Wilhelm-Museums.

Sicher ist: Der Fall hat Begehrlichkeiten geweckt. Und so war ein Aufschrei der Kunst- und Museumswelt damals bitter nötig: Denn Museen müssen ihre Kunst bewahren. Wer, wenn nicht der Staat kann und muss das kulturelle Gedächtnis einer Gesellschaft erhalten?

Beste Werbung für die Kunstauktion

Bei Warhols Bildern liegt die Sache anders. Das klar zu sagen, hat die Öffentlichkeit versäumt. Da wurde unscharf berichtet und viel kommentiert: Der Untergang des Abendlandes stünde bevor, sollten "Triple Elvis" und "Four Marlons" bei Christies unter den Hammer kommen. Einlieferer wie Versteigerer dürfte die Skandalisierung gefreut haben, denn mehr Werbung für eine Kunstauktion geht nicht.

So hat der Verkauf von Warhols "Triple Elvis" und "Four Marlons" am Ende sein Gutes: Zwar gab es viel Lärm um wenig, doch brachte die Debatte neue alte Gewissheiten. Und sei es nur, dass Kunst in öffentlicher Hand für Verkäufe tabu ist. Andy Warhol hätte seine Freude an den vielen Einlassungen in der Debatte gehabt. Sein Motto: "Jeder wird für 15 Minuten berühmt sein" hat sich wieder einmal bewahrheitet.