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Vielleicht doch ein Ausweg?

18. Mai 2010

Auch wenn noch nicht klar ist, wie ernst es der Iran mit dem neuesten Uran-Deal meint: Der Westen sollte die Vereinbarung von Teheran nicht ungeprüft beiseite schieben, meint Peter Philipp in seinem Kommentar.

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DW-Experte Peter Philipp

In der mindestens achtjährigen Geschichte des Atomstreits mit dem Iran ist es wiederholt geschehen: Jedes Mal, wenn die internationale Gemeinschaft – und das sind in diesem Fall in erster Linie die USA und einige europäische Staaten – sich anschickte, den Druck auf Teheran zu verstärken, dann kamen versöhnliche Töne von dort - um nur wenig später abgelöst zu werden von der nächsten Stufe des sich langsam immer weiter zuspitzenden Streits.

Alles schon mal dagewesen

So drängt sich einem heute ein „déjà-vu“- Gefühl förmlich auf: Washington und Paris wollen eine neue Runde von Sanktionen verhängen lassen und plötzlich kommt aus Teheran die Meldung, man habe mit Hilfe der Türkei und Brasiliens eine Lösung gefunden. Hat man das? Oder ist es wieder einmal der Versuch, Zeit zu gewinnen, um neue Fakten zu schaffen und dann von einer neuen Ausgangsposition weiterzumachen? Eine Antwort wird, ja kann es nur in der Zukunft geben. Wenn der jetzt beschlossene Weg Erfolg hat oder wenn auch er sich als neuer Irrweg entpuppt.

Ernsthaft prüfen

Irans Außenminister Mottaki und seine Kollegen Amorim aus Brasilien und Davutoglu aus der Türkei (Foto:ap)
Irans Außenminister Mottaki und seine Kollegen Amorim aus Brasilien und Davutoglu aus der Türkei feiern den Atom-DealBild: AP

Bis dahin allerdings wäre es sträflicher Leichtsinn, die Vereinbarung von Teheran ungeprüft beiseite zu schieben und herunterzuspielen. Denn vielleicht bietet sich hier ja doch ein Ausweg aus einer verfahrenen Situation. Einer Situation, in der Recht und Unrecht nicht von der einen oder anderen Seite gepachtet sind, sondern beide Fehler gemacht haben, gleichzeitig aber auch völlig legitime Argumente vorbringen können: So hat das Ausland kein Interesse an der atomaren Bewaffnung weiterer Staaten, im Fall des Iran hat es aber alle Beteuerungen Teherans in den Wind geschlagen, man wolle keine Atombombe. Und so hat der Iran natürlich das verbriefte Recht eines Unterzeichnerstaates des Nichtverbreitungsabkommens (NPT), Uran für friedliche Zwecke anzureichern. Gleichzeitig aber hat Teheran einen Teil dieser Aktivitäten zunächst verheimlicht und dann nach dem "Jetzt erst recht"-Prinzip die Schraube immer weiter gedreht.

Plausibel und überzeugend

Was Iraner, Türken und Brasilianer nun vereinbart haben, scheint die Neuauflage einer Idee vom vergangenen Herbst zu sein, der die westlichen Unterhändler und – zunächst auch – der Iran zugestimmt hatten: Danach soll Teheran den größten Teil seines bisher (leicht) angereicherten Urans an Russland weiterreichen, das es höher anreichert und in Frankreich Brennstäbe für einen zivilen Forschungsreaktor in Teheran herstellen lässt, der unter anderem für die medizinische Versorgung des Iran von hoher Bedeutung ist. Die Grundidee ist geblieben, nur soll die Türkei das vom Iran gelieferte Uran erst dann weitergeben, wenn die Brennstäbe da sind. Kommen die nicht, dann erhält Teheran sein Uran zurück. Im Grunde ein plausibles und überzeugendes Procedere. Besonders unter "Geschäftspartnern", die einander nicht trauen. Und eine gute Möglichkeit, das tiefe gegenseitige Misstrauen etwas abzubauen.

Nötig ist guter Wille von beiden Seiten

Ex-US-Präsident George W. Bush bei einer Rede vor dem UN-Sicherheitsrat (Foto:ap)
Ex-US-Präsident George W. Bush bei einer Rede vor dem UN-SicherheitsratBild: AP

Hierzu würde freilich auch gehören, dass der Sicherheitsrat seine Sanktions-Resolution gegen den Iran zurücknimmt. Diese war unter massivem Druck der USA George W. Bushs zustande gekommen und fordert von diesem die Einstellung jeglicher Anreicherung von Uran, obwohl der Iran als NPT-Staat ein Recht dazu hat. Solange diese Resolution aufrechterhalten wird, dient sie als Vorwand für Sanktionen und Druck auf den Iran, ohne dass man diesem wirklich Atomrüstung nachzuweisen könnte oder bräuchte. Allein der Hinweis auf die Missachtung der UN-Resolution genügt. Sollte der Iran diesmal ehrlich zu einer Regelung bereit sein, dann sollte die Welt auch ihrerseits mit Aufrichtigkeit antworten und die UN-Resolution abschaffen. Ohne guten Willen wird es keine Lösung geben. Guter Wille auf einer Seite allein ist aber nicht genug.


Autor: Peter Philipp
Redaktion: Thomas Latschan