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Wenig erwartet - trotzdem enttäuscht

Irene Quaile23. November 2013

Umwelt- und Entwicklungsorganisationen verließen aus Protest die UN-Klimakonferenz in Warschau. Ein dramatisches Signal. Konferenzen wie diese werden das Weltklima nicht retten, meint DW-Klima-Expertin Irene Quaile.

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Erst jüngst zeigte der Taifun Haiyan auf den Philippinen, was durch den Klimawandel in Zukunft auf uns zukommen kann. Der neueste Bericht des Weltklimarates belegt eindrucksvoll, dass es notwendig ist, schnell und effektiv gegen den Klimawandel vorzugehen. Sonst wird es häufiger zu Extremwetterereignissen, Dürren und Überflutungen kommen, der Meeresspiegel wird weiter steigen. Die Weltbank, die UNO, alle ließen auf der UN-Klimakonferenz die Alarmglocken läuten: Bis 2050 müssten die CO2 Emissionen um mindestens 85 Prozent reduziert werden, um den globalen Temperaturanstieg auf höchstens zwei Grad Celsius zu begrenzen. Nach Schätzungen der Internationalen Energieagentur müssten dafür 80 Prozent der verbleibenden fossilen Brennstoffe in der Erde bleiben.

Irene Quaile-Kersken Foto DW/Per Henriksen 31.03.2011
DW-Klima-Expertin Irene QuaileBild: DW

Klimasünder als Gastgeber

Doch die Weichen für die Veranstaltung in Polen zeigten vom Anfang an in eine andere Richtung. Als Sponsoren der Klimakonferenz traten Anbieter fossiler Energien sowie große Energieverbraucher aus der Stahl- und Autoindustrie auf. Das Gastgeberland ist und bleibt ein Kohleland. Warschau hat bisher die EU in ihren Klimazielen gebremst. Dass gleichzeitig ein Kohlegipfel in der polnischen Hauptstadt stattfand, wirkte fast zynisch - aber auch demonstrativ. Mit der Entlassung des Umweltministers und Klimavorsitzenden während der Konferenz ließ die polnische Regierung zudem einen Mangel an Respekt für die Veranstaltung erkennen.

Klimapolitik: Keine Führung in Sicht

Doch am Versagen der Konferenz ist nicht nur Polen schuld. Der globale CO2-Ausstoß steigt weiter. Und die zugereisten Delegierten hatten zu wenig im Gepäck, um daran etwas zu ändern. Zu wenig an bindenden Emissionszielen, zu wenig Bereitschaft, einen echten Kompensationsmechanismus für die Entwicklungsländer zu beschließen. Die ärmsten Länder, die bereits jetzt mit Dürren und Überflutungen zu kämpfen haben, gingen wieder enttäuscht und frustriert nach Hause.

Auch die EU konnte sich im Vorfeld nicht zu ehrgeizigeren Klimazielen durchringen. Deutschland, das lange als führend galt, bremst gerade seine eigene Energiewende ab. Japan, Kanada und Australien machten ebenfalls Rückzieher. Trotz einiger Fortschritte in den vergangenen Jahren waren von den großen Klimasündern China und den USA keine bahnbrechenden Ankündigungen zu erwarten.

Neues Klimaabkommen in weiter Ferne

2015 sollen Nägel mit Köpfen gemacht werden, mit einem neuen internationalen Klimaabkommen, das 2020 in Kraft treten soll. Aufgeschoben - in diesem Fall so gut wie aufgehoben? Seit Jahrzehnten wird verhandelt - mit wenigen sichtbaren Ergebnissen. Gleichzeitig schwindet mit jedem Jahr, in dem der CO2-Austoß nicht vermindert wird, die Chance auf die Einhaltung des Zwei-Grad-Ziels. Statt eines erfolgversprechenden Fahrplans für das neue Abkommen brachte die Konferenz in letzter Sekunde lediglich ein vages Papier zustande, dass aber keine bindende Frist für die Vorlegung fester Treibhausgas-Reduktionsziele enthielt. Die bisherigen Zusagen sind völlig unzureichend. Gilt weiterhin "business as usual", ist die Welt auf dem Weg zu einem Temperaturanstieg von mindestens vier Grad Celsius.

Die Weltklimakonferenz hat noch einmal ihre Unfähigkeit unter Beweis gestellt, die Welt vor einem rasch fortschreitenden gefährlichen Klimawandel zu schützen. Noch gibt es außerhalb der zur jährlichen Alibiveranstaltung verkommenen Konferenz einige Hoffnungszeichen. So findet zum Beispiel in China im Energiebereich einiges statt, obwohl das Land international bindende Verpflichtungen ablehnt.

Der Klimaschutz muss in den Industrie- und Schwellenländern in der täglichen Politik und in der Wirtschaft verankert sein. Politiker müssen bereit sein, kurzfristige Vorteile zugunsten einer langfristigen Perspektive aufzugeben, um die Zukunft künftiger Generationen durch nachhaltiges Wirtschaften zu garantieren. Das bedeutet die Abkehr von Öl und Kohle, den schnellen Ausbau erneuerbarer Energien und die verbindliche Bereitstellung von Geldern, damit sich die Entwicklungsländer vor weiteren Schäden durch den Klimawandel schützen können.