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Zum Siegen verdammt

Joscha Weber13. Juli 2014

Die deutsche Nationalelf will den Titel - und wiederholt diesen Satz im Vorfeld des WM-Finales so oft, dass sie nun gar nicht mehr anders kann. Das ist riskant, aber richtig, meint DW-Sportredakteur Joscha Weber.

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Deutsche Welle Nachrichten Sport Joscha Weber
Bild: DW

Thomas Müller hat es getan. Philipp Lahm auch. Miroslav Klose ebenfalls. Sami Khedira ohnehin. Manuel Neuer dito. Und der Bundestrainer? Na klar, selbstredend auch er: Alle haben sie gesagt, dass sie den Titel wollen. "Jetzt" und "unbedingt". "Mit aller Macht" und "endlich". Selten kommunizierte die deutsche Nationalmannschaft so aus einem Guss wie jetzt vor dem WM-Finale (Sonntag ab 21 Uhr MESZ im DW-Liveticker). Das ist sicher so wenig Zufall wie die Tatsache, dass mit Deutschland und Argentinien dort nun zwei Schwergewichte des internationalen Fußballs aufeinandertreffen. Beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) lässt man derzeit keinen Interpretationsspielraum. Der WM-Titel soll nach 24 Jahren des Wartens nun wieder an Deutschland gehen. Ohne wenn und aber. Das Ziel ist zum Greifen nah, nur noch ein Gegner steht im Weg, der kann doch jetzt kein Hindernis sein… oder?

Natürlich kann er es. Schließlich geht es hier um Argentinien. In der Offensive mit Messi, Higuain und Co. brillant besetzt, defensiv so stark wie lange nicht. Argentinien kann mit seiner taktischen Disziplin sehr wohl zum Stolperstein für die viel bejubelte deutsche Elf werden. Dies zu verdrängen und stattdessen nur vom Titel zu sprechen ist ein riskantes Spiel. Denn es kann eine große Arbeit zunichte machen.

Alles steht auf dem Spiel

Je mehr Spieler, Trainer und Verantwortliche vom WM-Pokal sprechen, desto mehr will ihn das deutsche Fan-Volk nun auch gefälligst sehen - und zwar in den Händen eines jubelnden Kapitäns Philipp Lahm. Was aber, wenn Argentinien nach den Niederlanden auch Deutschland knapp im Elfmeterschießen schlagen sollte? Die Enttäuschung wäre riesig, im Team wie daheim in Deutschland. Automatisch und noch an diesem Sonntag würde vieles infrage gestellt: die zweifellos erfolgreiche, aber dann immer noch titellose Arbeit von Joachim Löw, die begnadete, aber unvollendete Spielergeneration, vielleicht sogar die guten, aber nicht perfekten Rahmenbedingungen für den organisierten Fußball in Deutschland. Alles steht auf der Kippe. Wegen eines Spiels. Und wegen eines großen Versprechens.

Die Nationalmannschaft hat versprochen zu liefern, sich nicht mit weniger zufrieden zu geben als dem Titel. Miroslav Klose meinte sogar, er könne sich nicht über seinen WM-Torrekord freuen, wenn dem jetzt nicht auch der WM-Sieg folgen würde. Die Ansprüche könnten höher nicht sein - ein kommunikativer Tanz auf der Rasierklinge.

Das kostbarste Gut: Selbstvertrauen

Und doch darf es gar nicht anders sein: Die deutsche Mannschaft muss sich dieses höchste Ziel setzen und es weiterhin mit jener beeindruckenden Selbstverständlichkeit verfolgen! Selbstvertrauen ist seit jeher die wohl wichtigste Qualifikation im Leistungssport, weit bedeutender als solides Passspiel oder gute Technik am Ball. Die DFB-Elf darf und sollte an sich glauben, das hart erarbeitete Gefühl nicht hergeben, alles erreichen zu können, jeden zu schlagen. Auch wenn im Falle einer Niederlage die Landung dann noch härter wäre. Jetzt zählt nur noch der Sieg!