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Kommunalwahlen - aber nur für Männer

29. September 2011

In Saudi-Arabien wird gewählt – aber bis 2015 dürfen nur Männer ihre Stimme abgeben. Für Frauen gibt es dennoch eine gute Nachricht: Der König begnadigt eine Frau, die das geltende Fahrverbot durchbrochen hatte.

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Saudische Männer bei der Wahl (Foto: AP)
Sie wählen - ihre Frauen müssen zu Hause bleibenBild: AP

Die Meldung machte auf Twitter sofort die Runde: "König Abdullah begnadigt eine Frau, die ausgepeitscht werden sollte. Endlich ein Lichtblick im mittelalterlichen Rechtssytem." Gerade erst hatte König Abdullah bin Abdulasis al-Saud seinen saudiarabischen Untertaninnen das Wahlrecht ab 2015 zugesprochen, da wurde eine Frau von einem Gericht in Dschidda zu zehn Peitschenhieben verurteilt. Der Grund: Sie hatte das strikte Fahrverbot für Frauen durchbrochen. Wie ein arabischer Sender am Donnerstag (29.09.2011) mitteilte, hat ein Mitglied der königlichen Familie die Entscheidung des Königs mitgeteilt. "Ich danke Gott, dass die Züchtigung aufgehoben wurde – und dem König", kommentierte Prinzessin Amira al-Taweel ebenfalls auf Twitter. Eine offizielle Bestätigung gibt es bislang nicht.

Am Mittwoch wurde nach einem Bericht der saudischen Zeitung "Arab News" eine weitere Frau kurzzeitig festgenommen, die durch die Hauptstadt Riad gefahren war. Sie habe sich dabei von einer ausländischen Journalistin filmen lassen. Die Frau sei jedoch bereits auf freiem Fuß, da sie versprochen hatte, nicht wieder Auto zu fahren. Die Zeitung zitierte den Juristen Sultan bin Zahem: Es gebe kein religiöses Gebot im Islam, das Frauen das Autofahren untersage. Es handele sich um "eine abschreckende Bestrafung und gründet in der Entscheidung des Richters, alle Aktivitäten zu unterbinden, die Gesetze brechen und Chaos verursachen könnten", kommentierte der Jurist weiter.

Frauen sind Bürger zweiter Klasse

Saudi-Arabien wird nach streng islamischem Recht regiert. Frauen sind bisher Bürger zweiter Klasse. Sie dürfen nicht unverschleiert auf die Straße – und alleine sowieso nicht. Sie können sich nur in Begleitung eines Mannes, sei es ihr Vater, Ehemann, Bruder oder Sohn, in der Öffentlichkeit bewegen. Die Bevormundung reicht in alle Bereiche des alltäglichen Lebens: Ohne die schriftliche Erlaubnis eines Verwandten dürfen sie nicht arbeiten, heiraten, sich bestimmten Operationen unterziehen und, solange sie nicht über 45 Jahre alt sind, das Land verlassen. Auch werden Frauen keine Führerscheine ausgestellt. Konkret bedeutet dies, dass saudische Frauen von ihren Männern, Söhnen und Vätern völlig vom öffentlichen Leben ausgeschlossen werden können.

König Abdullah (Foto: dpa)
Reformer gegen den Willen des Klerus: König AbdullahBild: picture-alliance/dpa

König Abdullah hatte den Frauen erst am vergangenen Wochenende das Wahlrecht zugesprochen. So dürfen sie bei den Kommunalwahlen wählen und gewählt werden und sollen auch vom König ins Parlament berufen werden – allerdings erst ab 2015. Deshalb dürfen sie bei den derzeitigen Kommunalwahlen noch nicht teilnehmen. Zahlreiche Intellektuelle und Bürgerrechtler riefen deshalb zum Boykott der Wahlen auf, deren Ergebnisse am Wochenende bekannt gegeben werden.

Der Klerus sträubt sich gegen Reformen

Es ist erst das zweite Mal in der Geschichte des Königreiches, dass überhaupt Wahlen stattfinden. Rund 5300 Männer kandidieren für die Abstimmung. Die Wahlbeteiligung war an diesem Donnerstag, dem ersten Tag des saudiarabischen Wochenendes, zunächst schwach. Mehr als 1,2 Millionen Wähler waren aufgerufen, die Hälfe der rund 2000 Mandate zu besetzen – die andere Hälfte wird vom König bestimmt.

Abdullah herrscht seit 2005 über Saudi-Arabien. In seiner Regentschaft hat er sich immer wieder für vorsichtige gesellschaftliche Reformen ausgesprochen, um den Ansprüchen von Frauen und der jüngeren Generationen gerecht zu werden. Außerdem will er angesichts der Umbrüche in der arabischen Welt mögliche Protestbewegungen im Zaum halten. Doch ihm steht ein mächtiger, ultra-konservativer islamischer Klerus gegenüber, der sich gegen Reformen sträubt.

Autorin: Naomi Conrad (mit afp, ap, dpa, kna)

Redaktion: Martin Muno