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Komplettsanierung der Deutschen Bank

Insa Wrede19. Oktober 2015

Der Konzern wird radikal umstrukturiert, viele Köpfe rollen. Aber reicht das, um den guten Ruf wieder herzustellen? Dadurch ist aber nicht garantiert, dass die Bank auch künftig noch an der Weltspitze mitspielen kann.

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Abrissbagger vor der Deutschen Bank Logo Zentrale
Bild: picture-alliance/blickwinkel/W. G. Allgoewer

In der Deutschen Bank wird radikal aufgeräumt: Die Konzernstruktur wird komplett umgestellt und auf der Führungsebene müssen Federn gelassen werden, Toppositionen werden neu besetzt und bisherige Führungskräfte verabschiedet. Das teilte die größte deutsche Bank am Sonntag nach einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung in Frankfurt am Main mit. Der Vorstandsvorsitzende John Cryan erhofft sich durch die Umstrukturierung "eine besser kontrollierte, kosteneffizientere und stärker fokussierte Bank".

Cryan hatte Anfang Juli Anshu Jain als Co-Vorstandschef abgelöst und soll das Unternehmen ab Mai 2016 alleine führen. Sein Aufräumen hat sich bereits auf die Bilanz ausgewirkt. Das Ergebnis: Ein Rekordverlust von 6,2 Milliarden Euro wird im dritten Quartal erwartet. Die endgültigen Zahlen werden am 29. Oktober präsentiert. Grund sind gigantische Abschreibungen vor allem auf den Wert der Tochter Postbank, von der die Deutsche Bank sich trennen will, und das nicht mehr so lukrative Investmentbanking.

John Cryan, Foto; afp
John Cryan, Co-Vorstandschef der Deutschen Bank räumt aufBild: AFP/Getty Images/S. Derungs

Überraschend kommtedas Ausmaß des jetzigen Konzernumbaus nicht, meint Hans Peter Burghof von der Universität Hohenheim gegenüber der DW. "Der Neue muss jetzt auch wirklich etwas verändern. Er muss auch den Mitarbeitern das Gefühl geben, dass jetzt ein neuer Wurf entsteht."

Das neue Modell: vier Säulen

Bei dem angekündigten Konzernumbau geht es der Bank darum, Kundenbedürfnisse besser zu befriedigen und den "Anforderungen der Aufsichtsbehörden" zu genügen. Dafür werden die Unternehmensbereiche zum Jahreswechsel in vier Säulen neu organisiert. Unternehmensfinanzierung und Transaktionsbank gehen in der neuen Unternehmenskunden- und Investmentbank auf, die Handelsaktivitäten werden im neuen Bereich Globale Märkte zusammengefasst.

Zudem wird die Betreuung wohlhabender Privatkunden künftig in einer eigenständigen Einheit bei der Privat- und Geschäftskundenbank erledigt. Der Bereich Deutsche Asset Management soll künftig ausschließlich institutionelle Kunden und das Fondsgeschäft bearbeiten.

Vor allem aber wird die Investmentsparte "Corporate Banking & Securities" (CB&S), die jahrzehntelang der größte Ertragsbringer war, aufgeteilt. Damit schwenke die Bank auf den Trennbanken-Ansatz ein, den die Regulierer in Europa gewählt haben, meint Jan Pieter Krahnen von der Goethe Universität in Frankfurt.

Burghof hält das für einen Anachronismus. Hier seien in der Finanzkrise die Verluste entstanden und deswegen wolle man das jetzt heraus trennen und den Rest der Bank absichern. Er hält das eher für ereignisgetrieben und für nicht wirklich logisch. Allerdings ließen sich Risiken im Falle einer neuen Krise wohl leichter isolieren, wenn man die Wertpapiergeschäfte per se in einem anderen Teil der Bank verortet habe, so Burghof. Zudem werde mit der Umorganisation gezeigt, dass Investmentbanking keine Spielwiese, sondern ein Produkt sei, das dem Kunden dienen solle. "Und insofern zieht die Deutsche Bank ein bisschen das nach, was andere Banken auch schon im Gefolge der Finanzkrise getan haben."

Personeller Ballast wird abgeworfen

Um Zuge des Umbaus dreht sich auch das Personalkarussell. Von den 16 Vorstandsausschüssen werden zehn aufgelöst; auch das mit den Vorstandsmitgliedern und weiteren Managern besetzte sogenannte Group Executive Committee, das unter anderem Vorstandsentscheidungen vorbereitet, wird abgeschafft. Der Vorstand wird von acht auf zehn Mitglieder vergrößert. Allerdings müssen mehrere derzeitige Mitglieder den Vorstand verlassen. Unterhalb des Vorstands werden ebenfalls mehrere Manager verabschiedet.

Die Deutsche Bank schaffe sich nicht nur neue, moderne Strukturen, sie werfe auch Ballast ab, so Burghof. Sie trenne sich also von Führungskräften, die von der Bankenaufsicht belastet wurden. "Man kommt so aus diesem Dunstkreis der Investmentbanker-Männergesellschaft raus, die Jain um sich herum verbreitet hat." Außerdem müsse die Bank das Vertrauen der Bankenaufsicht und der deutschen Behörden zurückgewinnen. Die deutschen Justizbehörden zum Beispiel, hätten im Grunde genommen ein klares verfestigtes Feindbild, meint Burghof, und das müsse man auflösen. "Man muss klarmachen, 'wir arbeiten mit euch zusammen und wenn jemand das nicht getan hat, dann ist er nicht nur für euch nicht mehr tragbar sondern auch für uns nicht mehr tragbar'."

Hans-Peter Burghof
Hans-Peter BurghofBild: picture-alliance/dpa

Künftig kann es auch die Kleinen treffen

Aufsichtsratschef Paul Achleitner sprach von einer "grundlegenden Reorganisation", wie es sie in der Geschichte des Unternehmens "selten zuvor" gegeben habe. "Das geht nicht ohne Härten einher." Alle Beteiligten hätten sich "für die beste Lösung" eingesetzt und "persönliche Interessen zurückgestellt". Härten wird es auch in Zukunft wohl noch geben. Über die beschlossene Trennung von der Postbank mit ihren 15.000 Mitarbeitern hinaus könnten dem Sparkurs Medienberichten zufolge bis zu 10.000 weitere Jobs zum Opfer fallen.

Die Pläne zum Konzern- und Vorstandsumbau der Deutschen Bank sind bei den Anlegern am Montag gut angekommen. Die Aktien standen mit einem Plus von bis zu 3,1 Prozent auf 26,77 Euro an der Dax -Spitze. Dies war der höchste Stand seit knapp sechs Wochen.

Auf dem richtigen Weg?

Ob der Umbau helfe, die Krise bei der Deutschen Bank zu bewältigen, bleibe abzuwarten, meint Krahnen. Dafür spreche, dass die Abtrennung des Handelsgeschäftes auch neue Möglichkeiten eröffne. Es fehle in Europa an Instituten, die sich auf Handel an den Kapitalmärkten spezialisiert hätten. "Die vielen anderen Institute in England und in der Schweiz ziehen sich aus dem Geschäft zurück. Hier ist im Grunde eine Marktnische und wir werden sehen, ob die Deutsche Bank diese nutzen wird."

Das Grundproblem der Deutschen Bank im internationalen Wettbewerb bleibe aber bestehen, gibt Burghof zu Bedenken. Das sei das Ausmaß des Wettbewerbes im deutschen Bankenmarkt. Im Gegensatz zu ausländischen Banken, die in ihren Heimatmärkten deutlich weniger Wettbewerb hätten, weil es nicht so viele derartig leistungsfähige Konkurrenten gebe, könne die Deutsche Bank in ihrem Heimatmarkt keine so hohen Margen erzielen. "Wir haben für die Unternehmenskunden die Landesbanken und auch die Commerzbank als Konkurrenten und wir haben im Privatkundengeschäft natürlich eine enorme Tiefe der Durchdringung des Marktes mit Konkurrenz." Aber den Wettbewerb zu reduzieren, das sei eigentlich nicht erstrebenswert.

Eine Möglichkeit, sich auch im Ausland zu behaupten, sei aber, ein besonderes Geschäftsmodell anzubieten, meint Burghof. In Deutschland gebe es eine Tradition der langfristigen Beziehungen zwischen Hausbanken und Unternehmen. Das entlaste Unternehmen und gebe ihnen die Möglichkeit, sich auf ihr eigentliches Geschäft zu konzentrieren. Anders als in anderen Ländern, wo Unternehmen "quasi zu einer Finanzabteilung mit angeschlossenem Unternehmen werden müssen". Burghof meint, wenn es der Deutsche Bank gelänge, sich als die "zuverlässigere Bank" zu etablieren und daraus irgendwann Wettbewerbsvorteile zu ziehen, "dann wäre das der Königspreis, den man aus dem ganzen Prozess des Kulturwandels und des Umbaus ziehen könnte."