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Parlamentswahlen

23. November 2006

Für Christdemokraten und Sozialdemokraten reicht es nach den Wahlen in den Niederlanden nicht zur gemeinsamen Regierungsbildung. Die beginnenden Koalitionsverhandlungen mit den kleinen Parteien könnten Monate dauern.

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Der amtierende Ministerpräsident Jan Peter Balkenende
Balkenendes Grund zur Freude ist nur begrenztBild: AP

Nach der Parlamentswahl in den Niederlanden am Mittwoch (22.11.2006) wird jetzt über die künftige Regierungsformation spekuliert. Der amtierende Ministerpräsident Jan Peter Balkenende dürfte im Amt bleiben, weil seine christdemokratische Partei CDA trotz Verlusten stärkste Kraft blieb, eine klare Mehrheit für eine Regierungskoalition ist jedoch noch nicht in Sicht.

Jubel nach dem Wahlergebnis - für eine Regierungsmehrheit reicht es bei der CDA aber nicht
Jubel nach dem Wahlergebnis - für eine Regierungsmehrheit reicht es bei der CDA aber nichtBild: AP

Von den insgesamt 150 Sitzen im Parlament erlangte der Christlich-Demokratische Appell (CDA) nach den Ergebnissen vom Donnerstagmorgen 41 Mandate und verlor damit drei Plätze. Die oppositionellen Sozialdemokraten (PvdA) kommen nur auf 31 Sitze, was ein Minus von elf Mandaten wäre, obwohl ursprünglich mit einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den beiden Parteien gerechnet worden. Größter Gewinner der Wahl ist die Sozialistische Partei, die die Zahl ihrer Sitze von neun auf 26 fast verdreifachen konnte, viertstärkste Kraft ist die liberale Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD), die wieder auf 22 Mandate kommt und die bisher Koalitionspartner der CDA war.

Wer ist der Dritte?

Den Zahlen zufolge würden die beiden großen Parteien, Christdemokraten und Sozialdemokraten, zusammen nicht auf eine Mehrheit von 76 Sitzen im Parlament kommen. Eine große Koalition müsste daher durch mindestens eine weitere Partei ergänzt werden. Balkenende kündigte an, mit einer offenen Haltung in die Verhandlungen über die Regierungsbildung zu gehen.

Koalitionen mit dem Rechtspopulisten Geert Wilders stehen nicht zur Debatte
Koalitionen mit dem Rechtspopulisten Geert Wilders stehen nicht zur DebatteBild: AP

Den Verlusten der beiden großen Parteien stehen Gewinne bislang kleinerer Gruppierungen auf der Linken und Rechten gegenüber. Denn neben den Sozialisten von Jan Marijnissen gab es auch bei Geert Wilders und seiner rechtsgerichteten Freiheitspartei Grund zum Jubel. Sie hat statt einem künftig neun Abgeordnete im Parlament. Keine Partei zeigte sich jedoch bislang bereit, mit dem Rechtspopulisten zusammen zu arbeiten. Er warf den anderen eine Boykotthaltung vor.

Chaos und zähe Verhandlungen

"Das ist das Chaos", sagte Finanzminister Gerrit Zalm von der VVD mit Blick auf die Ergebnisse. "Daraus eine Regierung zu machen, wird extrem schwierig." Und auch Balkenende räumte trotz seiner Siegerlaune ein, dass es ein "kompliziertes" Ergebnis sei. Beobachter äußerten Zweifel, ob eine - wie auch immer zusammengesetzte Regierung - die vierjährige Amtsperiode überstehen kann.

Demonstrationen nach dem Mord an Theo van Gogh 2004
Die erste Wahl nach dem Mord an Theo van Gogh 2004 (Archiv)Bild: AP

Bei der Wahl ging es nicht zuletzt um einen Richtungsentscheid in der Asyl- und Integrationspolitik. Es war die erste Abstimmung in den Niederlanden seit der Ermordung des Filmemachers Theo van Gogh durch einen muslimischen Fanatiker 2004. Seitdem wurde das Einwanderungsrecht verschärft. Eine Woche zuvor kündigte Einwanderungsministerin Rita Verdonk an, Burkas und andere Gesichtsschleier in der Öffentlichkeit verbieten zu wollen.

Richtungsentscheid

Die Sozialdemokraten kritisierten dies als zu drastisch und kündigten an, tausende illegal im Land lebende Ausländer einbürgern zu wollen. Sie wandten sich aber nicht grundsätzlich gegen Einwanderungsbeschränkungen und konzentrierten sich im Wahlkampf stärker auf die Sozialpolitik der Regierung, die sie als herzlos verurteilten.


Königin Beatrix wird den Gepflogenheiten entsprechend in Kürze

einen so genannten "Informateur" - zumeist den designierten Regierungschef - berufen, der die unterschiedlichen Möglichkeiten der Regierungsbildung in Gesprächen mit den Parteien auslotet. Dieses Verfahren kann Monate in Anspruch nehmen. (ina)