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Kompromisslos oder moderat?

6. Oktober 2002

Nach den Wahlen in Bosnien-Herzegowina hat sich in ersten Stimmauszählungen ein Vorsprung der nationalistischen Parteien abgezeichnet. Das macht es für das Land nicht eben einfacher, den Anschluss an Europa zu schaffen.

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Urnengang in SarajevoBild: AP

Nach der Parlamentswahl in der ehemaligen jugoslawischen Republik Bosnien-Herzegowina haben die muslimischen Nationalisten mit einem Sieg ihrer Partei gerechnet. Parteisprecher Hasan Muratovic erklärte am Sonntag (6.10.2002), Wahlbeobachter der "Muslimischen Partei für Demokratische Aktion" sähen die eigenen Kandidaten in Führung. "Wir werden in der zukünftigen Regierung unverzichtbar", spekuliert Muratovic.

Sozialdemokraten verlieren

Obwohl die Partei zumeist als nationalistisch bezeichnet wird, kündigte er an, man werde in Zukunft nicht nur muslimische Interessen vertreten. "Wir versprechen, die Gleichheit aller Völkerin Bosnien zu respektieren." Die bislang regierenden Sozialdemokratische Partei zeigte sich dagegen enttäuscht von der Wahl. Der Parteivorsitzende Zlatko Lagumdzija sagte, die Ergebnisse seiner Partei blieben hinter den Erwartungen zurück. "Wir werden in den kommenden Tagen sehen, ob wir die Mehrheit haben oder die nationalistischen Kräfte wieder stärker sind."

Erste Wahlen in eigener Verantwortung

Die bisherigen Wahlen seit dem Bosnien-Krieg von 1992 bis 1995 standen unter Leitung der internationalen Verwaltung. Es war die erste Wahl, die die bosnischen Behörden in eigener Verantwortung organisierten. Der Chef der Sarajevo-Mission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Robert Beecroft, zeigte sich zufrieden. Ausländische Wahlbeobachter erklärten, die Abstimmung sei in Einklang mit internationalen Standards abgelaufen. Die Wahl wurde von mehr als 400 internationalen Beobachtern überwacht.

Örtliche Wahlbeobachter erklärten jedoch, mehr als 25.000 Bürger seien inden Wahllokalen abgewiesen worden, weil ihre Namen nicht auf den Wählerlisten standen. Vorläufige Ergebnisse wurden am Sonntagabend (4.10.2002) erwartet, das offizielle Endergebnis am 22. Oktober. Mehr als 7000 Kandidaten von 57 Parteien und neun Koalitionen bewarben sich um Sitze im Landesparlament sowie den Landes- und Kommunalvertretungen.

Nationalisten im Aufwind

Bosnien-Herzegowina ist dabei praktisch in zwei Lager gespalten: in diejenigen, die die Trennung entlang der Volkszugehörigkeit verstärken, und diejenigen, die diesen ethnischen Graben überwinden wollen. Kroatische und serbische Nationalisten wollen Bosnien-Herzegowina entlang der ethnischen Grenzlinien aufteilen, während die bosnisch-muslimischen Nationalisten für muslimische Interessen in einem einheitlichen Staat eintreten. Im 42-köpfigen Unterhaus des Zweikammerparlaments waren bisher die Sozialdemokraten mit neun Sitzen stärkste Partei. Sie verfügten zusammen mit anderen Parteien über eine Mehrheit von 22 Sitzen.

Von den 15 Mandaten des Oberhauses entfielen bisher drei auf die Sozialdemokraten. Allen Parteien gemein ist, dass sie Bosnien Wohlstand bringen wollen, indem sie es an Europa heranführen. Internationale Vertreter haben dabei aber schon deutlich gemacht, dass sie mit einem ethnisch gespaltenen Land, dessen Regierung nationalistische Thesen vertritt, die zum blutigsten Krieg in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg geführt haben, nicht zusammenarbeiten werden. (ap/arn)