1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Konflikt-Barometer 2003

Nina Werkhäuser15. Dezember 2003

Das Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung hat am Montag (15.12.) aktuelle Zahlen zu den Kriegen und Konflikten weltweit vorgelegt. Das Ergebnis: Die Natur von Konflikten hat sich verändert.

https://p.dw.com/p/4S0v
Das Völkerrecht muss sich neuen Konfliktformen anpassenBild: AP

14 Kriege weltweit zählt das Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung in diesem Jahr, davon wurde nur ein einziger zwischen Staaten ausgetragen: der Irak-Krieg. In allen anderen 13 Kriegen bekämpfen sich Volks- oder Interessensgruppen, entweder innerhalb eines Staates oder auch über Grenzen hinweg. Damit festigt sich eine Tendenz, die die Heidelberger Forscher schon seit vielen Jahren beobachten: Kriege zwischen zwei oder mehr Staaten sind nicht mehr wie früher der Normalfall eines Krieges.

Mittel müssen sich ändern

Folglich müssen sich auch die Mittel ändern, mit denen die internationale Gemeinschaft auf Konflikte reagiert, fordert Tanja Börzel, Professorin für internationale Politik in Heidelberg: "Das Völkerrecht muss angepasst werden, und ich halte es für eine ganz fatale Entwicklung, wenn man sagt, das Völkerrecht ist nicht in der Lage, damit umzugehen, deswegen schieben wir das mal zur Seite, wir machen das außerhalb der UNO und der geltenden völkerrechtlichen Bestimmungen."

Die Weiterentwicklung des Völkerrechts habe bereits begonnen, sagt Börzel, und verweist auf eine Resolution der Vereinten Nationen, die Gewalt von Terroristen mit der von Staaten gleichsetzt. Aber auf anderen Gebieten sei das Völkerrecht noch zu starr, zum Beispiel mit seiner rigiden Unterscheidung zwischen "Kombattanten und Nicht-Kombattanten". Weder die Gefangenen in der USA auf Guantanamo noch die Kindersoldaten in Afrika lassen sich ohne weiteres in diese Schablonen pressen.

Gründe für Konflikte

Afrika ist nach wie vor der Kontinent mit der höchsten Zahl von Kriegen und hoch gewaltsamen Konflikten. Gegenüber dem Vorjahr ist die Zahl aber zurückgegangen - nicht nur in Afrika, sondern weltweit. Die häufigsten Auslöser von Konflikten waren Territorialansprüche. Mit der größten Brutalität wurden dagegen Konflikte um Macht oder Ressourcen ausgetragen.

Ein relativ neuer Kriegsgrund wurde von den Konfliktforschern im Zusammenhang mit dem internationalen Terrorismus beobachtet. "Das ist eine große Motivation für diese neuen Kriege: Dass nämlich Staaten andere Staaten angreifen, nicht mehr, um sozusagen diese Staaten zu erobern oder irgendwelche Ziele gegen diesen Staat durchzusetzen, sondern sie intervenieren in dem Staat, weil er nicht willens oder in der Lage ist, eine Bedrohung, die von seinem Gebiet ausgeht, in den Griff zu bekommen", meint Börzel zum Thema Terrorismus.

Kann man Frieden einfach herbeibomben?

Ein Beispiel ist Afghanistan, wo das Terrornetzwerk El Kaida im Schutz des Taliban-Regimes operierte. Bei der Bekämpfung solcher Konflikte haben die USA und die europäischen Länder unterschiedliche Ansätze. Gemeinsam ist beiden Ansätzen nur das Ziel einen demokratischen Staatsaufbau herbeifzuühren, meint Börzel. Wie? - darüber sei man sich nicht einig. "Für die Amerikaner scheint es durchaus legitim zu sein, Demokratie gegebenenfalls auch herbeizubomben. Die Europäer sehen in der Anwendung militärischer Gewalt immer noch die Ultima Ratio, die sehr stark flankiert sein muss von polizeilichen und geheimdienstlichen Mitteln und vor allem auch "State-Building."

Am Beispiel des Irak-Kriegs hätten die Amerikaner aber erkannt, dass sie das so genannte Nation-Building, also die Stabilisierung und den Wiederaufbau nach dem Ende der Kampfhandlungen, bisher nicht genügend ernst genommen hätten. Auf diesem Gebiet der Konfliktbearbeitung seien die Europäer schon weiter, sagt Tanja Börzel.