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Vom Dialog zum Monolog

Philipp Sandner13. September 2016

Die bevorstehenden Wahlen sind das politische Aufregerthema Nummer eins in der Demokratischen Republik Kongo. Wann, wie - und in welcher Reihenfolge? An diesen Fragen scheitert gerade der nationale Dialog.

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Archivbild: Vital Kamerhe und Vertreter der politischen Opposition beim nationalen Dialog Foto: Getty Images/AFP/J. Kannah
Archivbild: Vital Kamerhe (r.) und Vertreter der politischen Opposition beim nationalen DialogBild: Getty Images/AFP/J. Kannah

Er war der wichtigste Vertreter der Opposition bei den Gesprächen in Kinshasa. Doch nun schmeißt er das Handtuch: Vital Kamerhe, Parteichef der Union für die kongolesische Nation (UNC), hat am Montag erklärt, aus dem "nationalen Dialog" auszusteigen - einem Forum, in dem Vertreter von Regierung, Opposition und Zivilgesellschaft seit Anfang des Monats über einen Fahrplan für Präsidentschafts- und Lokalwahlen verhandeln. "Wir lassen uns nicht von der Regierungskoalition in eine Sackgasse manövrieren", sagte Kamerhe im DW-Interview.

Damit scheidet nun auch der letzte prominente Oppositionsvertreter aus dem Prozess aus. Andere, wie Etienne Tshisekedi, Jean-Pierre Bemba und der jüngste Hoffnungsträger für einen Wechsel an der Staatsspitze, Moïse Katumbi, hatten die Gespräche von Anfang an boykottiert. Katumbi hatte der Regierung schon vorab vorgeworfen, einen "Monolog" zu führen, um sich selbst zu legitimieren.

Verzögerungstaktik

Die Regierungskoalition "Mehrheit für den Präsidenten" (MP) will die Präsidentschaftswahlen erst nach den Lokalwahlen abhalten. Das bezeichnete die Opposition als einen Versuch, die Amtszeit des angezählten Präsidenten Joseph Kabila weiter zu verlängern. Laut Verfassung muss die Präsidentschaftswahl mindestens 90 Tage vor Ablauf des Mandats am 19. Dezember stattfinden. Dann müsste Joseph Kabila, der sich nicht mehr aufstellen lassen darf, die Amtsgeschäfte an einen gewählten Nachfolger übergeben.

Die Regierung habe nicht Sorge getragen, zu garantieren, dass diese Frist eingehalten werde, sagte Oppositionsführer Kamerhe. "Wir wollen den Dialog. Aber wir können nicht an einem Dialog teilnehmen, wenn er die Krise verschärft." Nun sei die Regierung am Zug: "Sie hat uns in diese Krise bugsiert und sie will sie ausweiten. Sie allein ist der Nation Rechenschaft schuldig."

Vital Kamerhe Foto: Getty Images/AFP/J. D. Kannah
Glaubt nicht mehr an den Dialog: Vital KamerheBild: Getty Images/AFP/J. D. Kannah

Neues Wählerregister erst 2017

Die Organisation der Wahlen stellt den Kongo vor enorme logistische Herausforderungen. Zurzeit ist die Wahlkommission dabei, das Wählerregister zu überarbeiten. In dem riesigen Land mit miserabler Infrastruktur bedeutet das lange Reisen in alle Landesteile. "Die Registrierung ist gerade erst in der Provinz Nord-Ubangi angelaufen", sagt André Kiomba Dibwe Mpo im DW-Gespräch. Er ist stellvertretender Vorsitzender der Afrikanischen Kommission zur Überwachung der Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo (CASE).

16 Monate soll es ungefähr dauern, bis in allen Provinzen die Wähler erfasst sind. Demnach könnten Wahlen frühestens für Juli 2017 angesetzt werden. Ein genaues Datum will die Kommission bis kommenden Montag bekanntgeben. Dass Präsident Kabila eigentlich nur bis zum 19. Dezember dieses Jahres im Amt bleiben darf, bereitet der Regierung offenbar wenig Kopfschmerzen. Bereits im Mai hatte sie sich vom Verfassungsgericht bestätigen lassen, dass der Präsident bis zu den Wahlen weitermachen dürfe, um ein "Vakuum an der Staatsspitze" zu verhindern und Kontinuität zu gewährleisten.

Oppositionsvertreter hingegen beharren darauf, dass Kabila ab dem 19. Dezember illegal an seinem Amt festhalten würde. Auch die katholische Bischofskonferenz, die bislang noch am Dialog teilnimmt, drängt unter Berufung auf die Verfassung auf einen Wechsel an der Staatsspitze. Sie droht, andernfalls aus den Gesprächen auszutreten.

Joseph Kabila Kabange Foto: Michael Kappeler/dpa
Will länger Präsident bleiben: Joseph KabilaBild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Regierung bleibt gelassen

Ramazani Shadari vertritt die Regierungskoalition bei den Gesprächen. Nachdem der Entschluss Kamerhes, aus den Gesprächen auszusteigen, bekannt wurde, zeigte sich Shadari gelassen: "Das heißt nicht, dass der Dialog nun vorbei ist oder dass die Opposition sich aus dem Dialog zurückzieht. Es ist eine Verhandlungsstrategie." Man werde sich nun Zeit nehmen, um nachzudenken, sagte Shadari der DW: "Vielleicht werden sie uns überzeugen, vielleicht werden wir sie überzeugen. So etwas gibt es überall."

Karte Demokratische Republik Kongo DEU

Fest steht: Den Oppositionsparteien haben die vergangenen Wochen nicht gut getan. Gerade erst hatten sich die Schlüsselfiguren Katumbi, Kamerhe und Tshisekedi zu einem Interessensbündnis zusammengetan. "Die stärkste Armee ist das Volk", hatte Moïse Katumbi vergangene Woche im DW-Interview erklärt: "Um Wahlen zu gewinnen, brauchen wir eine vereinte Opposition." Doch dieses Bündnis hatte sich in der Frage um seine Haltung zum nationalen Dialog zerstritten. Die einen boykottierten ihn. Und dass die anderen nun wieder aussteigen, sorgt keinesfalls für Entspannung: Mit seiner Teilnahme habe Kamerhe sich bereits zum politischen Status Quo bekannt, sagte ein Vertreter von Etienne Tshisekedis Union für Demokratie und sozialen Fortschritt (UDPS). Diese Verantwortung müsse er nun tragen und dürfe sich nicht mehr wegducken.

Mitarbeit: Carole Assignon, Saleh Mwanamilongo, Eric Topona, Ines Gakiza