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Prognose mit Fragezeichen

Peter Stützle11. Oktober 2012

Eine Abschwächung zum Ende dieses Jahres, aber eine Erholung ab Mitte 2013 erwarten deutsche Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrem Herbstgutachten. Sofern die Euro-Krise keinen Strich durch die Rechnung macht.

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Fünf Vertreter der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute stehend, einer hält das Gutachten in der Hand. Foto: Michael Kappeler dpa/lbn
Bild: picture-alliance/dpa

"Wir wissen nicht genau" war eine Formulierung, die den Professoren immer wieder und in verschiedenen Variationen über die Lippen kam, als sie vor der Bundespressekonferenz in Berlin ihre Konjunkturprognose vorstellten. Die Weltwirtschaft befinde sich in diesem Herbst in einer Schwächephase, eine Folge der Krise im Euroraum wie auch der vorangegangenen Finanzkrise, konstatierte Klaus-Jürgen Gern vom Kieler Institut für Weltwirtschaft.

Je länger eine durchgreifende Erholung auf sich warten lasse, "desto mehr wird Unternehmen und privaten Haushalten, aber auch den Regierungen bewusst, dass die langfristigen Wachstums- und Einkommensaussichten schlechter sind als gedach.". Daher bemühten sie sich verstärkt, ihre Verschuldungspositionen zurückzuführen.

Korrektur nach unten

Das wirke dämpfend auf Investitionen wie auch auf den privaten Konsum. Auch in Deutschland, das sich bisher gut geschlagen habe, mache sich das zunehmend bemerkbar. So erwarten die Konjunkturforscher zum Jahresende hin eine Abschwächung und aufs ganze Jahr 2012 gesehen ein Wachstum von gerade mal 0,8 Prozent - nach drei Prozent im Vorjahr. Für 2013 erwarten sie eine Erholung im zweiten Halbjahr, was für das Gesamtjahr zu einem Wachstum von 1,0 Prozent führen könnte. Vor einem halben Jahr, in ihrer Frühjahrsprognose, hatten sie noch eine deutlich frühere Erholung erwartet.

Auch bei der neuen Prognose hängt alles oder zumindest viel davon ab, wie die Euro-Krise bewältigt wird. Über die richtigen Instrumente dafür haben die Institute unterschiedliche Ansichten. In einem aber sind sie sich einig: Für den Fall, dass die Stabilisierungs-Bemühungen scheitern, sollte es für die Krisenstaaten ein geordnetes Insolvenzverfahren geben. Denn sonst würde die Europäische Zentralbank wohl immer mehr Staatsanleihen aufkaufen und damit das Inflationsrisiko steigern.

Menschen mit Einkaufstüten in einer Fußgängerzone. Foto: Arne Meyer dpa/lby +++(c) dpa - Bildfunk+++
Schwindender Optimismus könnte den privaten Konsum dämpfen.Bild: picture alliance/dpa

Joachim Scheide vom Institut für Weltwirtschaft hält es aber nach den bisherigen Erfahrungen für "immer wahrscheinlicher, dass die Politik letztlich eine höhere Inflation akzeptieren würde. Das könnte aus ihrer Sicht sogar die einfachste Lösung sein, denn damit würden die Kosten verschleiert. Man muss also nicht mehr öffentlich über Transfers oder über Haftungssummen diskutieren." Allerdings stellten die Professoren auf Nachfrage klar, dass sie von Inflationsraten deutlich unterhalb des zweistelligen Bereichs ausgehen. Sollte es aber dazu kommen, werde es sehr schwer, das Vertrauen in die Europäische Zentralbank wieder herzustellen.

Skeptischer Blick auf Griechenland

Um eine Frage haben sich die Wirtschaftsinstitute ganz bewusst gedrückt: Ob nämlich Griechenland den Euro behalten sollte. Die Politik verfolge das Ziel, den Euroraum so, wie er jetzt ist, zu erhalten, sagte Oliver Holtemöller vom Institut für Wirtschaftsforschung in Halle. "Und wir wollen mit unserem Gutachten dazu beitragen, Handlungsempfehlungen zu geben, was man tun kann, um sich diesem Ziel zu nähern." Ob das aber für Griechenland das Beste sei, darüber seien unter seinen Kollegen "die Meinungen wahrscheinlich nicht ganz identisch."

Zwar wollen die Institute dem Troika-Bericht über Griechenland nicht vorgreifen, aber den zuletzt von Bundeskanzlerin Merkel und anderen geäußerten Optimismus, dass das Land schon große Fortschritte gemacht habe, mochten sie nicht teilen. Er sehe "noch nicht, dass die griechische Wettbewerbsfähigkeit bisher signifikant gestiegen ist", erklärte Kai Carstensen vom Münchener Leibnitz-Institut.