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Konjunktur

Gesa Schölgens20. September 2007

Trotz steigender Konjunktur kommt der Aufschwung bei deutschen Verbrauchern nicht an. Die Nachfrage stagniert. Damit steht das Land allein da, so Experten: In den anderen EU-Staaten und den USA wird viel mehr konsumiert.

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Kunden stöbern in einem Kleidungsgeschäft
Der Schein trügt: Die Deutschen kaufen nach wie vor wenig einBild: dpa

Das Konjunkturbarometer zeigt seit zwei Jahren nach oben, und manche Ökonomen rechnen in Deutschland 2007 mit einem Wachstum von 2,5 Prozent. Der Grund für den Aufschwung sind vor allem steigende Exporte: Im ersten Halbjahr stiegen die Ausfuhren im Vergleich zum gleichen Vorjahreszeitraum um 10,9 Prozent. Gemessen am Konsumverhalten der Deutschen geht der Aufschwung aber an den Menschen vorbei.

Niedrige Löhne und höhere Preise

Auf einem Kassenbon wird die Mehrwertsteuer markiert
Die erhöhte Mehrwertsteuer hat die Nachfrage gesenktBild: dpa - Bildfunk

Mehrere Faktoren lähmen den Konsum. Der Einzelhandel litt in den ersten beiden Quartalen besonders unter der Erhöhung der Mehrwertsteuer. Mehr als ein Drittel der Einzelhändler registrierten in den ersten sechs Monaten sinkende Erlöse. "Die Mehrwertsteuererhöhung hat dazu geführt, dass viele Verbraucher ihre längerfristigen Anschaffungen im vergangenen Jahr vorgezogen haben", sagt Dirk Nörsdorf, Marktforscher der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK).

Falls die Unternehmen Gewinne erzielen, geben sie diese nicht gleich an die Arbeitnehmer weiter. "Viele Tarifabschlüsse wurden erst im Frühjahr ausgehandelt - das macht sich erst spät im Portemonnaie bemerkbar", so GfK-Experte Nörsdorf. Zudem seien die Reallöhne lange nicht gestiegen, während etwa die Preise für Energie und Lebensmittel deutlich zugelegt hätten.

Wachstum in Europa

Auf europäischem Niveau hat sich die Konjunktur insgesamt erholt. Trotz der Finanzkrise rechnet die EU-Kommission in diesem Jahr mit 2,5 Prozent Wachstum. "Innerhalb der Eurozone gibt es kaum Unterschiede im Konjunktur-Verlauf", sagte Sandra Schmidt vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW).

Kinder schlachten Sparschwein
Verbraucher in den USA sparen weniger als die DeutschenBild: BilderBox

Auch das Konsumverhalten in den Ländern der EU nimmt nicht wesentlich zu. "Allerdings ist eine solche Kaufunlust wie in Deutschland in keinem anderen EU-Land vorzufinden", sagt Alfred Steinherr vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). In Ländern wie Frankreich, Spanien oder England sei die Binnennachfrage eine feste Säule der Konjunktur, während sie in Deutschland praktisch keine Rolle spiele.

Hoffnung auf mehr Konsum

Die lahmende Nachfrage in Deutschland sei keine kurzfristige Erscheinung, sagt ZEW-Expertin Schmidt. "Im Inland ist die Nachfrage seit Jahren schwach, vor allem im Vergleich mit den USA." Ein Grund sei die unterschiedliche Konsum-Mentalität, so Schmidt: "Die Deutschen legen Geld zurück, etwa für die Altersvorsorge, während die Verbraucher in den USA eher auf Pump leben."

Die Vorsicht und Verunsicherung der Verbraucher kommt nicht von ungefähr: "Es gibt kaum ein europäisches Land, dass in den vergangenen Jahren so weit abgestiegen ist wie Deutschland", so Steinherr. Noch 1982 lag Deutschland weltweit beim Pro-Kopf-Einkommen auf Platz 3 - jetzt liegt das Land auf Platz 18 des Rankings der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Vorne sind Länder wie Luxemburg und Norwegen. Demnach erhole sich die Wirtschaft zwar langsam. "Aber ob sich auch der Konsum in nächster Zeit steigert, bleibt abzuwarten."