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Konzeptänderung statt Korrektur

2. Dezember 2001

Zwei Jahre nach ihrer Absetzung wird die umstrittene Ausstellung über die Verbrechen der Wehrmacht während des Zweiten Weltkrieges ab diesem Dienstag wieder in Berlin gezeigt.

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Deutsche Wehrmachtssoldaten in OsteuropaBild: AP

Ihr neuer Titel: "Verbrechen der Wehmacht. Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941-1944". Jan Philipp Reemtsma, Leiter des Hamburger Instituts für Sozialforschung, wird die geänderte Konzeption der sogenannten Wehrmachtsausstellung vorstellen. Unter seiner Federführung haben 16 Wissenschaftler in den letzten zwei Jahren die neue Präsentation erarbeitet. In die jetzige vergrößerte Ausstellung sind zusätzliche Themen hineingenommen worden, wie etwa der Umgang der Wehrmacht mit Kriegsgefangenen und die Hungerpolitik der deutschen Besatzer. An der Grundaussage, wonach die Wehmacht mit Absicht einen Vernichtungskrieg geführt habe, wird festgehalten.

Fälschungsvorwürfe und Proteste

Die alte Wehrmachtsausstellung hatte seit 1995 umfangreiche positive und negative Reaktionen ausgelöst. Viele frühere Soldaten fühlten sich angegriffen. Im Oktober 1999 veröffentlichten Fachwissenschaftler Forschungsergebnisse, nach denen Fotos in der Ausstellung falsch zugeordnet sein sollten. Auf ihnen seien keine jüdischen Pogromopfer, sondern Ermordete der des sowjetischen Geheimdienstes zu sehen. Die Reaktion auf diese Kritik erreichte in der Öffentlichkeit ein Ausmaß, die zu einem Glaubwürdigkeitsverlust des Instituts und der Gesamtaussage der Ausstellung zu führen drohte. Die Ausstellung wurde vorerst zurückgezogen und von einer Historikerkommission begutachtet. Diese kam zu dem Ergebnis, dass den Ausstellungsmachern Ungenauigkeiten und sachliche Fehler unterlaufen seien. Fälschungen im Sinne der leitenden Fragestellungen und Thesen stellten die Kommission nicht fest. Sie empfahl, die Ausstellung in neu gestalteter Form weiter zu präsentieren.

Wehrmachtausstellung in Berlin
Wehrmachtsausstellung: Portraits von SoldatenBild: AP

Dies ist jetzt geschehen. Der Inhalt der Ausstellung wurde völlig neu konzipiert und anders strukturiert. Die These, dass die Wehrmacht als Institution während des zweiten Weltkrieges an der Planung und Durchführung eines beispiellosen Rassen- und Vernichtungskrieges beteiligt war, bleibt im Mittelpunkt. In der neuen Fassung geht es außerdem um den Völkermord an den sowjetischen Juden, um das bewusst herbeigeführte Massensterben von mehr als zwei Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen, sowie um den Krieg gegen weite Teile der sowjetischen Zivilbevölkerung.

Zusätzlich können sich die Besucher über die Geschichte der Ausstellung informieren. Schließlich gelang es der alten Ausstellung die notwenige Debatte über die Rolle der Wehrmacht am Vernichtungskrieg in der breiten Bevölkerung maßgeblich anzustoßen.