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Kopf-an-Kopf-Rennen bei der Präsidentschaftswahl in Bulgarien

12. November 2001

Im ersten Anlauf hat keiner der Kandidaten für das Präsidentenamt die absolute Mehrheit erreicht. Bei der Stichwahl am kommenden Sonntag muss Amtsinhaber Stojanov gegen den Sozialisten Bewerber Parvanov antreten.

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Der Name des neuen bulgarischen Staatsoberhauptes wird erst nach der Stichwahl am 18. November bekannt sein. Beim ersten Urnengang am Sonntag haben knapp 40 Prozent der Wähler ihre Stimmen abgegeben. Diese äußerst niedrige Wahlbeteiligung dürfte wohl auch der Grund sein, warum die Prognosen der Meinungsforscher vor der Wahl sich nicht ganz bewahrheitet haben. Die Umfragen hatten den Amtsinhaber Peter Stojanov deutlich vorne gesehen.

Stojanov hat zwar - erwartungsgemäß - mit rund 35 Prozent immer noch gute Chancen bei der Stichwahl am 18. November. Überraschend ist allerdings das Ergebnis des Vorsitzenden der ex-kommunistischen "Bulgarischen Sozialistischen Partei" (BSP) Georgi Parvanov: Er kam auf 36 Prozent der abgegebenen Stimmen und liegen - zumindest vorläufig - in Führung. Der von den Meinungsforschern als Hauptrivale von Stojanov gehandelte Ex-Innenminister Bogomil Bonev erhielt hingegen nur rund 20 Prozent der Stimmen und ist somit bei der Stichwahl aus dem Rennen.

Das amtliche Endergebnis der ersten Wahlrunde werden am kommenden Donnerstag erwartet. Bei der Stichwahl am darauffolgenden Sonntag erden die Wähler sich zwischen Stojanov und Parvanov entscheiden müssen, wobei eine einfache Mehrheit für den Wahlsieg genügt.

Der amtierende Präsident Peter Stojanov hat 1996 als Vertreter der rechtskonservativen "Union demokratischer Kräfte" (UDK) die Wahl gegen den damaligen BSP-Kandidaten Ivan Marazov erst in der zweiten Runde gewinnen können. Damals waren insgesamt 13 Kandidaten im Rennen, vier Jahre zuvor sogar 22. Die geschrumpfte Zahl der Präsidentschaftsanwärter und der relativ turbulenzlose Wahlkampf werden von den Beobachtern als Signal sowohl für die Politikverdrossenheit als auch für die Normalisierung der Verhältnisse in Bulgarien gewertet.

Ein Wahlsieg Stojanovs noch bei der ersten Runde schien bis vor einer Woche noch sicher, zumal auch der Ministerpräsident Simeon Sakskoburgotski eine Wahlempfehlung zu Gunsten des amtierenden Präsidenten abgegeben hatte. Simeon II., der letzte bulgarische König, der die Parlamentswahl im Juni gewonnen hat und nun seine neue Partei auch als politische Macht rechts vom Zentrum zu etablieren versucht, hatte keinen eigenen Präsidentschaftskandidaten aufstellen können. Peter Stojanov - zeitweilig populärster bulgarischer Politiker - galt als so aussichtsreicher Kandidat, dass die Regierungspartei auf die Aufstellung eines eigenen Kandidaten verzichtete.

Die Überzeugung, dass Stojanov einen großen Vorsprung vor den anderen Kandidaten haben werde, hat - so wird vermutet - einen Teil seiner potentiellen Wählerschaft dazu veranlasst, erst gar nicht an die Urne zu gehen. Auch die Enttäuschung vieler Bulgaren nach den ersten 100 Tagen der neuen Regierung war für die niedrige Wahlbeteiligung entscheidend. So konnte nur die BSP ihre disziplinierten Stammwähler mobilisieren, was das erstaunlich gute Ergebnis Parvanovs erklärt. Tatsache ist aber auch, dass Parvanov einen ruhigen und modernen Wahlkampf geführt und seiner seit Jahren schwer angeschlagenen Partei ein neues, freundliches Image verpasst hat.

Ausschlag gebend für den Ausgang der Stichwahl am kommenden Sonntag dürften die Stammwähler der Regierungspartei des Ex-Königs Simeon sowie die Sympathisanten der Partei der bulgarischen Türken, der "Bewegung für Rechte und Freiheit", sein. Auch 20 Prozent der Wähler, die ihre Stimmen für Bogomil Bonev abgegeben haben, könnten zum entscheidenden Faktor beim Urnengang am 18. November werden. Es ist jedoch anzunehmen, dass alle drei Gruppen eher Stojanov unterstützen werden: Laut Expertenmeinung in Sofia haben die BSP und Georgi Parvanov ihr Wahlpotential bereits ausgeschöpft.

Und so ist zu erwarten, dass Stojanov die Stichwahl am 18. November letztendlich doch gewinnen wird. Nach Meinung von Beobachtern wäre dies auch für die bulgarische Außenpolitik günstiger, denn in eben diesem Bereich liegen die zentralen Kompetenzen des Amtsinhabers Stojanov. In den kommenden Jahren hat das Land einige entscheidende Schritte in Richtung NATO- und EU-Mitgliedschaft zu unternehmen. Die mittlerweile große außenpolitische Erfahrung von Stojanov und sein gutes Image im Ausland könnten dabei sehr nützlich sein.