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as Teilung fester zementiert denn je

Martin Fritz12. April 2013

Seit bald siebzig Jahren ist Korea in zwei Staaten geteilt. Eine Wiedervereinigung ist unwahrscheinlich, stehen ihr doch viele Hürden im Weg - nicht zuletzt das riesige wirtschaftliche Gefälle zwischen Nord und Süd.

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Südkoreanischer Soldat an der Grenze zu Nordkorea (Foto: REUTERS)
Bild: Reuters

Zur Jahrtausendwende waren die Hoffnungen in Korea noch groß. "Ein neues Zeitalter ist für unsere Nation angebrochen", jubelte der südkoreanische Präsident Kim Dae-jung im Juni 2000 nach seinem historischen Gipfeltreffen mit dem nordkoreanischen Führer Kim Jong-il in Pjöngjang. Für seine "Sonnenschein"-Politik der Entspannung nach dem Vorbild von Willy Brandts Ostpolitik erhielt Kim Dae-jung den Friedensnobelpreis - nicht aber sein Partner im Norden.

Als erster Präsident des Südens bot Kim dem Norden wirtschaftliche Unterstützung ohne direkte Gegenleistung an und machte Pjöngjang klar, dass der Süden nicht daran interessiert sei, sich den Norden einzuverleiben. Ziel seien vielmehr gleichberechtigte Beziehungen und friedliche Koexistenz. Handel und Investitionen sollten den Wandel Nordkoreas zu einer Marktwirtschaft fördern. Eine Mittelschicht würde entstehen, und daraus, so Kim Dae-jungs Traum, eine Mehrparteien-Demokratie. So hatte sich auch Südkorea selbst entwickelt.

Kein Wandel durch Annäherung

Der Süden konnte und wollte dem Norden helfen – und dieser konnte die Hilfe annehmen –, weil der Süden nach etwa vier Jahrzehnten Dauer den Wettlauf der Systeme mit dem Norden gewonnen hatte. Die wirtschaftliche Rivalität zwischen den unterschiedlichen Systemen der Teilstaaten hatte sich erledigt. Aus dem Feind und Wettbewerber Nordkorea war Mitte der Neunziger Jahre nach dem Zusammenbruch des Ostblocks und durch eine Hungersnot ein Hilfsbedürftiger geworden. Doch die Erwartungen des reichen Bruders im Süden haben sich nicht erfüllt.

Statuen von Statsgründer Kim Il Sung und seinem Sohn Kim Jong Il (Foto: Getty Images)
Nordkorea: Personenkult um Statsgründer Kim Il Sung und seinen Sohn Kim Jong IlBild: Getty Images

Der Norden hat die Hilfslieferungen von Dünger, Reis oder Getreide angenommen. Das gemeinsame Touristengebiet in den Kumgang-Bergen und der Gewerbepark Kaesong verschafften Pjöngjang neue Devisenquellen. Aber der versprochene Gegenbesuch von Kim Jong-il in Südkorea blieb aus. Vor allem rüstete der Norden bei Atomwaffen und Trägerraketen massiv auf. Der von 2008 bis 2013 im Süden regierende Präsident Lee Myung-baek verknüpfte daher weitere Hilfen mit der Forderung von Gegenleistungen - seitdem herrscht wieder Eiszeit zwischen Seoul und Pjöngjang.

Nationalismus im Norden

Nordkorea sieht sich bis heute auf der Halbinsel als alleiniger Vertreter des Anspruchs, die Einheit der koreanischen Nation wiederherzustellen. Während der Süden nichts als ein Lakai der USA sei, liege dem Norden ein starkes, wiedervereinigtes Korea am Herzen, so argumentierte schon Staatsgründer Kim Il-sung. Geschickt deutete er den Korea-Krieg als vaterländischen Befreiungskrieg um und stilisierte sich selbst zum Patriarchen der koreanischen Nation.

Der südkoreanische Präsident Kim Dae-jung als Friedesnobelpreisträger des Jahres 2000 (Archiv-Foto: AP)
Von der "Sonnenscheinpolitik" des Südkoreaners Kim Dae-jung (hier 2000 als Friedensnobelpreisträger) ist nicht viel übrig gebliebenBild: AP

Aber "Wiedervereinigung" blieb auch in Nordkorea immer nur ein Schlagwort, weil das Regime sie mit unerfüllbaren Bedingungen verknüpfte: Abzug der US-Truppen aus Südkorea, Zulassung einer kommunistischen Partei im Süden, Bildung einer Konföderation mit einer gemeinsamen Regierung. Mehr Kontakte zwischen den beiden Staaten sind dagegen unerwünscht: Die eigene Bevölkerung soll möglichst wenig davon erfahren, dass Südkorea in jeder Hinsicht das attraktivere Korea geworden ist. Die Isolierung vom Süden wird daher von Nordkorea konsequent fortgesetzt, so dass jeder Entspannung automatisch Grenzen gesetzt sind.

Unterschiede zu Deutschland

Die beiden koreanischen Staaten befinden sich in einer ganz anderen Situation als das ehemals geteilte Deutschland. Dort gab es regelmäßige Kontakte zwischen Ost und West. Die Ostdeutschen wussten über das Fernsehen und Telefonate mit Verwandten viel über die Bundesrepublik und hatten ein relativ realistisches Bild von den Vor- und Nachteilen des Lebens unter marktwirtschaftlichen Bedingungen. Nichts davon trifft auf die beiden Korea zu.

Seoul (Foto: Getty Images)
Das reiche Südkorea könnte eine plötzliche Wiedervereinigung nicht verkraftenBild: Getty Images

Im Gegenteil: Im Norden ist der Besitz von südkoreanischen DVDs mit Filmen und Fernsehserien ebenso verboten wie das Hören von südkoreanischen Radiostationen. Und ein Südkoreaner kommt ins Gefängnis, wenn er ohne Genehmigung Kontakte mit Nordkoreanern hält oder den Norden besucht. Der ausgebliebene Wandel durch Annäherung hat dazu geführt, dass der Süden die Wiedervereinigung von der politischen Tagesordnung gestrichen hat, da sie ökonomisch und politisch nicht schnell zu erreichen ist.

Das Verhältnis der Bevölkerung in Ost- und Westdeutschland betrug beim Fall der Mauer vier zu eins, das Verhältnis in der Einwohnerzahl von Südkorea zu Nordkorea ist zwei zu eins. Dazu kommt der viel größere ökonomische Rückstand des Nordens auf den Süden. Der Norden ist heute pro Kopf gerechnet 17 Mal ärmer als der Süden und vier Mal ärmer als Nachbar China. Deshalb will Südkorea die Wirtschaft des Nordens stützen, um die ökonomischen Kosten einer Wiedervereinigung abzumildern. Auf eine plötzliche Vereinigung wie in Deutschland bereitet man sich nicht vor. Jedenfalls soll es dafür keine Pläne in den Schubladen geben, bekommen Journalisten in Seoul zu hören.