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"Anzuggate"-Affäre in Spanien

19. Mai 2009

Der Ministerpräsident der Region Valencia Francisco Camps könnte in der spanischen Korruptionsaffäre stolpern - über seine schönen Maßanzüge. Die habe er sich unrechtmäßig schenken lassen, so der Vorwurf.

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Maßanzüge beim Herrenausstatter
Bezahlt hätten immer andere: Die Aussage seines Schneiders bringt Ministerpräsident Francisco Camps in ErklärungsnotBild: picture-alliance / dpa / Themendienst

In der Urlaubsregion Valencia soll der konservative Ministerpräsident Francisco Camps Anzüge im Wert von weit über 10.000 Euro angenommen haben - und im Gegenzug das schenkende Unternehmernetzwerk begünstigt haben.

Der schlanke, sportliche und vor allem stets hervorragend angezogene Camps hat schon zwei Wahlen mit absoluter Mehrheit gewonnen und ist einer der erfolgreichsten konservativen Spitzenpolitiker in Spanien.

"Der Schnurrbart" sagt gegen Camps aus

Der Ministerpräsident der Region Valencia Francisco Camps (23.10.2008/Kai Försterling/dpa)
Bislang hat Francisco Camps alle Korruptionsvorwürfe abgestrittenBild: picture-alliance/ dpa

Es ist ein skurriler Fall: Trotz einer Nachrichtensperre berichtet die spanische Presse in allen Details von den Ermittlungen. Die Beteiligten werden dabei mit plastischen Kosenamen betitelt. So gibt es zum Beispiel "El Bigote", "der Schnurrbart". Gemeint ist damit Álvaro Pérez. Pérez schmückt sich tatsächlich mit einem breiten Schnurrbart und ist für die Ermittler einer der Drahtzieher des Netzwerks von Unternehmen, das Camps die Anzüge geschenkt haben soll.

Der hagere und stets fein gekleidete Francisco Camps ist bereits vor einigen Wochen auf einer Pressekonferenz auf die Vorwürfe angesprochen worden. Natürlich bezahle er seine Anzüge, gab er zu Protokoll. Woher die Vorwürfe kämen, wüsste er auch nicht und er hoffe, man wisse bald mehr. Er und seine Parteifreunde seien da "ganz entspannt."

Sein Schneider hat gegenüber der Presse hingegen erklärt, Camps sei alles andere als gelassen gewesen, während er selbst vor dem Untersuchungsrichter ausgesagt habe. Camps habe ihn ständig auf dem Handy angerufen, so der Schneider. Der Politiker sei in der Edel-Boutique ein- und ausgegangen, aber bezahlt hätten immer andere.

Verschwörungstheorien hoch im Kurs

Der spanische Richter Baltasar Garzón (14.06.2008/dpa)
Richter Baltasar Garzón steht im Ruf, besonders unbestechlich zu seinBild: picture-alliance/dpa

Der Beschuldigte spricht vor seinen Anhängern hingegen von einem Komplott. Man solle aus jeder Wahl eine "politische Herausforderung machen und keinen Salat aus Streitereien und Intrigen", so Camps. Die Opposition könne nur Intrigen schüren, aber damit würden sie noch nicht einmal die Stimme des Nachbarn gegenüber gewinnen.

Eine Verschwörung aus linken Juristen und der Presse sei am Werk, heißt es von der Volkspartei. Doch der für die Ermittlungen zuständige Untersuchungsrichter Baltasar Garzón hat den Ruf, besonders unbestechlich zu sein. Immerhin hatte er vor Jahren auch schon gegen Korruption und Machtmissbrauch bei der sozialistischen Regierung von Felipe González ermittelt. Seinen jetzigen Untersuchungen zufolge soll das Firmennetzwerk konservative Regionalpolitiker mit Geschenken geradezu überhäuft haben.

In der internen Buchführung der untersuchten Unternehmen findet sich die Bemerkung "L.B." oder auch "Luis der Gehörnte". Garzón glaubt, dass es sich dabei um Luis Bárcenas, den Schatzmeister der Volkspartei von Camps, handelt. Bestätigt sich dieser Verdacht, hat Spanien nicht nur einen Skandal um Maßanzüge, sondern einen handfesten Parteispendenskandal.

Autor: Hans-Günter Kellner
Redaktion: Mareike Röwekamp