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Korruptionssumpf in Tschechien

2. April 2002

– Staatsanwältin befürwortet als Instrument zur Bekämpfung der Korruption geregelte Provokation

https://p.dw.com/p/23FG

Prag, 28.3.2002, RADIO PRAG, deutsch, Marketa Maurova

Die Korruption ist eines der größten Probleme in der Tschechischen Republik. Ihre Aufklärung wird zusätzlich dadurch erschwert, dass die Bestechungsfälle nur sehr schwierig nachgewiesen werden können und Augenzeugen kaum bereit sind, vor Gericht auszusagen. Eine neue Waffe im Kampf gegen die Korruption wurde jetzt von der obersten Staatsanwältin Marie Benesova vorgeschlagen - die geregelte Provokation.

Die Fälle von Korruption in Tschechien nehmen ständig zu, und dieser Missstand wird auch von ausländischen Unternehmern kritisiert. Ein solcher Zustand erfordert nach Meinung der obersten Staatsanwältin Marie Benesova eine radikale Lösung:

"Im letzten Jahr wurden 170 Täter aufgrund des Straftatbestandes der Bestechung verfolgt, während es im Jahre 2000 nur 68 Angeklagte waren."

Die radikale Lösung heißt: geregelte Provokation. Konkret bedeutet dies, dass angestellte Agenten, also Polizisten in Zivil, insbesondere staatlichen Beamten Bestechungssummen für einige Dienstleistungen anbieten würden. Sollte der Beamte das Geld annehmen, würde er bestraft. Diese Methode wird seit vielen Jahren zum Beispiel in Großbritannien und in den USA genutzt und hat Erfolge gebracht.

In Tschechien steht ihr jedoch ein bedeutendes Hindernis im Wege. Man müsste nämlich eine Gesetzesänderung vornehmen. Eine solche Art der Polizeiprovokation ist nämlich nach der tschechischen Legislative unzulässig.

Auch Politiker zeigen sich dem Entwurf gegenüber eher zurückhaltend. Petr Necas von der Demokratischen Bürgerpartei ODS sprach sich für ein konsequentes Vorgehen gegen die Korruption aus, vor einer geregelten Provokation äußerte er jedoch aufgrund der Bedingungen des tschechischen Staates und der Erfahrungen mit dem Kommunismus Angst.

Als wirkungsvoll aber gefährlich bezeichnete auch der christdemokratische Rechtsexperte Miroslav Vyborny diese Methode. Nach Meinung des stellvertretenden Innenministers Petr Ibl erinnere sie an die Praktiken der Vergangenheit.

Benesova räumte hingegen ein, dass es sich nur um eines der Instrumente handele, die für den Kampf gegen die Bestechung in Betracht gezogen werden. Die oberste Staatsanwaltschaft steht auch anderen Vorschlägen aus dem Ausland offen gegenüber. Außerdem verwies sie darauf, dass die Enthüllung durch einen Provokateur nicht strafrechtliche, sondern nur arbeitsrechtliche Folgen haben könnte:

"Ich bin mir aller Probleme bewusst. Allerdings könnte wohl diese Methode mindestens im arbeitsrechtlichen Bereich geltend gemacht werden. Der Fall würde dabei nicht mit einem Strafverfahren, sondern mit der Entlassung aus der Arbeit enden." (ykk)