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Kosovo-Kontaktgruppe erwartet Status-Lösung in diesem Jahr

2. Februar 2006

Die Kosovo-Kontaktgruppe hat bei einem Treffen in London gefordert, dass noch dieses Jahr der künftige Status des Kosovo festgelegt wird. Belgrad und Pristina wurden zum konstruktiven Dialog aufgefordert.

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Zeitplan für Lösung der Kosovo-FrageBild: Bilderbox

An dem Meinungsaustausch über die Lage im Kosovo nahmen die Außenminister der Kosovo-Kontaktgruppe – USA, Russland, Deutschland, Italien, Frankreich und Großbritannien – teil. Ferner der UN-Sondergesandte für die Statusverhandlungen, Martti Ahtisaari, NATO Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer, der Hohe Repräsentant für die EU-Außenbeziehungen, Javier Solana, die österreichische Außenministerin Ursula Plassnik als amtierende EU-Ratspräsidentin sowie der Leiter der UN-Mission im Kosovo Soren Jessen-Petersenl.

Meinungsverschiedenheiten mit Russland

In einer gemeinsamen Erklärung sicherten die Außenminister Martti Ahtisaari und seinem Team nochmals ihre volle Unterstützung bei den Gesprächen über den künftigen Kosovo-Status zu und riefen die Parteien in Belgrad und Pristina zu einer konstruktiven Zusammenarbeit auf. Die Auflösung Jugoslawiens und die darauf folgenden Konflikte, die ethnischen Säuberungen und die Ereignisse des Jahres 1999 hätten Kosovo zu einem singulären Fall gemacht, heißt es in der Erklärung. Russland betrachtet Kosovo allerdings weiterhin als einen universellen Fall. Der künftige Status muss den Mitgliedern der Kontaktgruppe zufolge die Stärkung der regionalen Stabilität und die Förderung einer multiethnischen Gesellschaft im Kosovo berücksichtigen. Bereits im November 2005 verabschiedete die Kontaktgruppe Leitprinzipien für den Statusprozess. Darin wird einer Rückkehr zur Situation von vor März 1999, einer Teilung oder einer Verbindung Kosovos mit einem anderen Staat eine Absage erteilt.

Belgrad und Pristina interpretieren unterschiedlich

Die Vertreter Serbiens, aber auch die Vertreter des Kosovo sind mit den Standpunkten der Kontaktgruppe zufrieden. Allerdings ist jede Seite aus unterschiedlichen Gründen damit zufrieden: Serbien, weil in der Mitteilung als Rahmen für die Lösung des Kosovo-Status die Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrates genannt wird. Darin heißt es, Kosovo sei Teil Jugoslawiens. Die kosovarische Seite unterstreicht hingegen den Aufruf, dass eine Lösung des Kosovo-Status im Einvernehmen mit dem Willen des kosovarischen Volkes erzielt werden soll.

Plädoyer für rasche Lösung

Avni Arifi, der Berater des Kosovo-Premiers im kosovarischen Verhandlungsteam, erklärte nach dem Treffen der Kontaktgruppe: „Die Regierung ist durch die Position der Kontaktgruppe sehr ermutigt, dass der Status noch im Laufe dieses Jahres definiert werden soll. Dies haben sowohl die Regierung als auch die übrigen Kosovo-Institutionen gefordert“, sagte Arifi. Auf die Frage, ob er glaube, dass der gesamte Prozess der Lösung der Statusfrage tatsächlich in diesem Jahr vollendet werden könne, erklärte er: „Früher gab es Bestrebungen, dass dieser Prozess gar nicht erst eingeleitet wird. Allerdings müssen wir uns nun vergegenwärtigen, dass der Augenblick gekommen ist, den Status zu definieren. Es gibt keinen Grund dafür, den Dialog über den endgültigen Status zu verschieben. Eine rasche Definierung des Status ist im Interesse des kosovarischen Volkes, im Interesse Serbiens und der übrigen Nachbarländer in der Region“, meinte Arifi.

Blockade innerhalb der Kontaktgruppe?

Belgrad hatte vor dem Londoner Treffen Hoffnungen in die Position Russlands gesetzt. Denn der russische Präsident Wladimir Putin hatte erklärt, die Entscheidungen der Kontaktgruppe müssten universellen Prinzipien folgen. Ferner sollte das Völkerrecht geachtet werden. Für den ehemaligen Außenminister von Serbien-Montenegro, Goran Svilanovic, ist nach dem Treffen der Kontaktgruppe deutlich geworden: „Wir wohnen praktisch einem Prozess bei, der aus zwei Unterhändlergruppen und zwei Verhandlungsprozessen besteht – und zwar einem innerhalb der Kontaktgruppe und der andere sollte zwischen Belgrad und Pristina stattfinden. Und ich fürchte das größte Problem besteht darin, dass dieser zweite Prozess im eigentlichen Sinn noch gar nicht angefangen hat. Das heißt, es gibt keine ernsthaften Gespräche zwischen Belgrad und Pristina.“

Diese von der albanischen und serbischen Seite gewählte Taktik führt Svilanovic zufolge zu nichts Gutem, weil auf diese Weise eigentlich der Kontaktgruppe überlassen werde, eine Lösung zu finden. Solange ernsthafte Gespräche zwischen Belgrad und Pristina vermieden würden, führe dies auch zu einer Blockade innerhalb der Kontaktgruppe. „Die Erwartungen waren groß, dass sich die Positionen in London einander annähern würden – doch dies ist nicht eingetroffen. Nun besteht ein grundlegender Unterschied in der Position Russlands und den übrigen Mitgliedern der Kontaktgruppe: Russland löst seine Probleme und diese Übrigen lösen das Kosovo-Problem.“

Für Weltmächte ist „Kosovo nur sekundäres Problem“

Eine Übereinstimmung in der Kontaktgruppe hänge nicht allein vom Kosovo ab, sagte Svilanovic. Es spielten vielmehr auch andere Faktoren eine Rolle. „Wir werden sehen, wie lange dieser Prozess dauern wird und ob ein anderes Weltthema zur Annäherung der Positionen zwischen Russland und den Vereinigten Staaten führen wird. Ich verfolge aufmerksam die Ereignisse im Iran. Dies ist meiner Meinung nach im Augenblick eine der wichtigsten Herausforderungen für die Welt. Über die Auseinandersetzung mit eben solche Weltthemen werden sich die Beziehungen zwischen Russland und der USA in einigen Aspekten klären. Das Kosovo ist dabei eigentlich nur sekundär.“

Erste Gesprächsrunde Ende Februar

Avni Arifi, der Berater des Kosovo-Premiers, sagte, die Rolle Russlands müsse respektiert und sein Beitrag in der Kontaktgruppe gewürdigt werden. „Im Hinblick auf ihre Standpunkte zu universellen Werten, ist es nur natürlich, dass die Meinungen in einigen Fragen innerhalb der Kontaktgruppe auseinander gehen. Es gibt aber auch Dinge, die auch die internationale Gemeinschaft hervorhebt und die nicht universell sind. Vor 1999 haben wir keine NATO-Intervention im Kosovo gehabt. Wir haben keine ethnischen Säuberungen dieses Ausmaßes gehabt. Und schließlich gehört das Kosovo auch heute zu einer der wenigen Regionen, die lange Zeit schon unter der Verwaltung der internationalen Gemeinschaft steht“, so Arifi.

Die Dezentralisierung des Kosovo ist der Kontaktgruppe zufolge eine Schlüsselfrage für den künftigen Status. Der Dialog zwischen Belgrad und Pristina darüber sollte am 25. Januar stattfinden, ist jedoch vertagt worden wegen des Todes von Ibrahim Rugova. Die österreichische Außenministerin Ursula Plassnik hat für den 25. Februar einen neuen Termin für das Treffen angekündigt.

Bahri Cani

DW-RADIO/Albanisch, 2.2.2006, Fokus Ost-Südost