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Kosovo-Status: Gedankenspiele zu einseitiger Unabhängigkeit

25. Oktober 2007

Die Verhandlungen über den Kosovo-Status sind erneut vertagt worden. Im Mittelpunkt steht immer mehr die Frage, wie alle Parteien auf eine mögliche einseitige Unabhängigkeitserklärung des Kosovo reagieren werden.

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Demonstration für UnabhängigkeitBild: picture-alliance/dpa

Der stellvertretende serbische Ministerpräsident, Bozidar Djelic, ist zu einem mehrtägigen Besuch in Berlin eingetroffen. Er war eingeladen worden, um die deutschen Parlamentarier darüber zu informieren, wie sich Serbien eine Lösung der Kosovofrage vorstellt. Um es gleich vorwegzunehmen – Bozidar Djelic berichtete ihnen nichts Neues. Er bestand auf den bekannten Positionen seines Landes, dass eine Unabhängigkeit des Kosovo nicht in Frage komme. "Belgrad ist bereit, Kosovo eine eigene Steuerpolitik, eine eigene Währungspolitik, den Zugang zu internationalen Finanzorganisationen zu gewährleisten, ebenso Vertretungen im Ausland für die Bereiche Wirtschaft und Kultur wahrzunehmen und die Möglichkeit, Verhandlungen mit der Europäischen Union aufzunehmen. Das sind einige der konstruktiven Elemente, die wir vorschlagen. Aber es gibt auch eine rote Linie über die wir nicht hinausgehen können, wenn nämlich die territoriale Integrität unseres Landes betroffen ist." Das wäre der Fall, wenn das Kosovo unabhängig werden würde.

"Troika ist kein Wundermittel"

Da die Kosovo-Albaner, die 90 Prozent der Bevölkerung dieser Region stellen, genau das erreichen wollen dürfte es zu keiner Einigung kommen. Darüber scheint sich auch Wolfgang Ischinger keine Illusionen zu machen. Der deutsche Diplomat vertritt die EU in einer Troika, die auch aus Vertretern der USA und Russlands besteht. Im Auftrag der Vereinten Nationen soll sie in Verhandlungen mit Serben und Kosovo-Albanern herausfinden, ob sich die beiden über den künftigen Status des Kosovo einigen können oder nicht. In einem Interview mit der Deutschen Welle, äußert sich Ischinger über die Kompromissbereitschaft der beiden Parteien pessimistisch. "Wenn diese Frage des Kosovo so einfach zu lösen wäre, dann bräuchte man nicht diese Troika-Anstrengung, dann wäre sie schon längst gelöst. Und die Troika ist auch kein Wundermittel. Ich möchte in gar keiner Weise Illusionen Vorschub leisten, als ob es sicher sei, dass wir ein Ergebnis erzielen könnten. Es ist sehr wohl möglich, manche denken, es ist sehr wahrscheinlich, dass wir kein Ergebnis haben. Und dann lassen sich einseitige Entwicklungen nicht ausschließen."

EU ohne gemeinsame Position

Das will heißen, dass sich das Kosovo für unabhängig erklärt und eine Reihe von Staaten die Anerkennung aussprechen dürften. Dazu gehören die USA zu aller erst und eine Mehrheit der EU-Mitgliedsländer. Einige EU-Mitglieder wie Rumänien, die Slowakei, Spanien oder auch Zypern haben allerdings Vorbehalte geäußert, weil sie befürchten, dass eine Anerkennung des Kosovo einen Präzedenzfall schaffen könnte, der in Zukunft die territoriale Integrität auch ihrer Länder in Frage stellen könnte. Weil man aber eine Spaltung in der EU-Außenpolitik wie im Irakkrieg vermeiden möchte, darüber hinaus als Europäische Union zeigen will, dass man europäische Probleme selbst lösen kann und nicht die Führung der USA braucht, ist das Thema Kosovo in der EU seit langem schon auf der Tagesordnung. Zuletzt beim Außenministertreffen auf dem EU-Gipfel in Lissabon. Eine gemeinsame Position gibt es allerdings noch nicht, was sich zumindest die deutsche Regierung wünschen würde. Bis zum Ende des Verhandlungsmandats der Troika am 12. Dezember will sich Berlin mit Äußerungen, was danach folgt, zurückhalten.

Eindeutiges Dementi?

In diesem Sinne reagierte am Mittwoch (24.10.) der Sprecher der Bundesregierung, Ulrich Wilhelm, auf Meldungen, wonach die deutsche Regierung die Anerkennung des Kosovo beschlossen habe: "Ich bitte um Verständnis, dass ich mich offiziell nicht über spekulative Szenarien äußere. Es bleibt dabei, dass wir die Gespräche der Troika mit Nachdruck unterstützen, und die Hoffnung haben, dass es ihr gelingt zu einer einvernehmlichen Lösung mit den Konfliktparteien zu gelangen. Und alles Weitere wird sich im Lichte der Ergebnisse des 10. Dezember stellen und auch so beantwortet werden." Ein eindeutiges Dementi hört sich anders an. Der außenpolitische Sprecher der regierenden SPD, Gert Weisskirchen, bestätigte in einem Interview, dass es zwar noch keine Entscheidungen gäbe aber Erwägungen der deutschen Bundesregierung, die Unabhängigkeit des Kosovo anzuerkennen. Und der EU-Chefunterhändler in der Troika, Wolfgang Ischinger, mochte gegenüber der Deutschen Welle eine künftige Mitgliedschaft des Kosovo in der EU nicht ausschließen.

Panagiotis Kouparanis
DW-RADIO, 24.10.2007, Fokus Ost-Südost