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Kosovo vor den Statusgesprächen

27. Oktober 2005

Der UN-Sicherheitsrat hat den Beginn der Verhandlungen über den Status des Kosovo beschlossen. Schon vor Auftakt der Gespräche präsentiert sich die Ausgangslage kompliziert. Fokus Ost-Südost mit einem Überblick.

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Ja zu Verhandlungen unter internationaler FührungBild: UN Photos

Der Startschuss ist gefallen. Die Gespräche über den zukünftigen Status des Kosovo, die der finnische Ex-Präsident Martti Ahtisaari leiten soll, werden voraussichtlich in einen Monat beginnen. Vor dem Weltsicherheitsrat in New York sprach sich der norwegische UNO-Berichterstatter Kai Eide gegen eine Pendel-Diplomatie aus. Eide betonte: „Man sollte alle Anstrengungen unternehmen, um alle Seiten zusammenzubringen und während des ganzen Status-Prozesses zusammenzuhalten. Dieser Prozess sollte nicht zu rasch angegangen werden. Allerdings: einmal angefangen, muss man in einem angemessenen Zeitrahmen zu einem Ergebnis kommen."

Das Ergebnis der Verhandlungen über den Status des Kosovo ist offen. Und doch wird seit Monaten darüber schon spekuliert. Die Lösung, über die man hinter den Kulissen in Brüssel und Washington spricht, heißt: bedingte Unabhängigkeit.

Bleibende internationale Präsenz?

Dafür spricht sich zum Beispiel auch die Europaabgeordnete und sicherheitspolitische Expertin der deutschen Grünen, Angelika Beer, aus. Konditionierte Unabhängigkeit, sagte Beer jüngst in einem DW-Interview, würde bedeuten, „dass internationale Präsenz vereinbart wird. Ich bin überzeugt, dass man, wenn man das tut, das Militär - also die KFOR - weiter reduzieren kann. Und ich trete dafür ein, dass die Europäische Union den Bereich der polizeilichen Sicherheit übernimmt. Das heißt: eine Unabhängigkeit minus Unabhängigkeit im militärischen Bereich."

Die UNO-Verwaltung soll die Zuständigkeiten schrittweise an die kosovarische Regierung und Parlament abgeben. Nach einigen Jahren - man rechnet mit drei bis fünf - soll das Land reif für die staatliche Selbständigkeit sein. Gleichzeitig soll eine Beitrittsperspektive zur Europäischen Union entwickelt werden.

Starre Positionen

Serbien bietet der Westen mehr oder weniger offen den Deal: Kosovo gegen EU-Mitgliedschaft. Sollte die Regierung in Belgrad bereit sein, Kosovo in die Unabhängigkeit zu entlassen, dürfte sie auf eine beschleunigte Aufnahme hoffen. Denn - und das betont man zugleich in London, Paris, Berlin und Moskau - es dürfe nur eine Lösung den Siegel der Staatengemeinschaft bekommen, die beide Seiten in den Verhandlungen akzeptieren.

Aus Sicht vieler Kosovo-Albaner - und sie machen 90 Prozent der Bevölkerung aus - ist das überflüssig: Kosovo müsse die staatliche Selbstständigkeit zugesprochen werden, fordern Politiker einheitlich in Prishtina. Sie lehnen es ab, dass an die Unabhängigkeit an Bedingungen geknüpft wird. Auf die Vorwürfe, die Albaner seien nicht kompromissbereit, antwortete kosovarischer Präsident Ibrahim Rugova Anfang des Monats: „Für Kosovo ist die Unabhängigkeit schon ein Kompromiss. Es ist ein Kompromiss und die bestmögliche Lösung für alle Albaner in der Region. Wir haben keine Vereinigung mit Albanien verlangt, weil das Probleme schaffen würde. Ein unabhängiges Kosovo würde diesen Teil Europas und der Welt befrieden: Kosovo als Mitglied der EU und der NATO und in ständiger Freundschaft mit den USA."

Ein Jahrhundert der Unterdrückung durch Serbien rechtfertige den Anspruch auf Unabhängigkeit, heißt es in Pristina. Zudem verspricht die kosovarische Regierung den Serben höchste Menschenrechtstandards und Ausbau der Gemeindeselbstverwaltung.

Serbien gegen Unabhängigkeit

Die Regierung in Belgrad hingegen weist auf die schwierige Lage der serbischen Bevölkerung hin. Ministerpräsident Vojislav Kostunica machte am Montag (24.10.) bei der UNO in New York erneut deutlich: Unter keinen Umständen werde Serbien die Unabhängigkeit Kosovos hinnehmen. Kostunica sagte: „Jeder Versuch solcher Lösung durch de facto Legalisierung der Teilung Serbiens, durch gewaltsame Sezession eines Teiles ihres Territoriums, wäre einer juristischen Gewaltanwendung, nicht nur gegen einen demokratischen Staat sondern gegen das Volkerrecht als solches, gleichbedeutend. Ich bin überzeugt, dass sich der Sicherheitsrat dem Druck der Gewalt nicht beugen wird."

Belgrad bietet den Kosovaren stattdessen eine weitgehende Autonomie an. Nur die außen-, sicherheits- und finanzpolitischen Kompetenzen sollen Serbien unterstehen. Das wiederum lehnt die Führung in Prishtina strikt ab.

Filip Slavkovic

DW-RADIO/Serbisch, 25.10.2005, Fokus Ost-Südost