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Kräftemessen in Wladiwostok

Julia Elvers2. Juni 2005

Das Außenminister-Treffen zwischen Russland, China und Indien weckt in russischen Medien kühne geopolitische Phantasien. Von antiamerikanischen Allianzen ist da zu lesen. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus.

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Der Leuchtturm von Wladiwostok:<br>ein geopolitischer Wegweiser?Bild: dpa

Das Außenminister-Treffen der drei Länder am Donnerstag (2.6.) in Wladiwostok geht auf Initiative Russlands zurück. Alexander Rahr ist Direktor des Körber-Zentrums Russland/GUS. Er erklärt, welche Ziele Moskau damit verfolgt: "Russland versucht, wieder als Großmacht aufzutreten. Jetzt will es eine neue Achse schmieden, um Amerika zu zeigen: 'Wir stehen nicht allein da.' Russland sucht Verbündete auf Teufel komm raus. Es hat ja keine außer Weißrussland."

Nach Einschätzung von Alexander Rahr wird aber kein strategisches Dreieck zustande kommen. "Weder China noch Indien wollen, dass Russland - so wie zu Zeiten der Sowjetunion - den großen Bruder spielt." Beide hätten eigene Beziehungen zum Westen aufgebaut, würden sich nicht mit "Kinderrollen" zufrieden geben.

Es geht um Waffen- und Ölgeschäfte

Trotzdem ist Moskau Rahr zufolge für Peking und Neu Delhi von Interesse: Russland ist das einzige Land, das China und Indien mit Waffen beliefert. Außerdem richten sich die Blicke der zwei "künftigen Großmächte" auf Russlands Energiemärkte. Alexander Rahr: "Sie hoffen auf den Bau von Öl-Pipelines in ihrer Region. Das bedeutet aber nicht, dass sie sich in eine politische Abhängigkeit von Russland begeben werden."

Fragen der regionalen Sicherheit, die UNO-Reform sowie die Zusammenarbeit in Energie und Handel stehen beim Außenminister-Treffen auf dem Programm. Der Sprecher des russischen Außenministeriums Alexander Jakowenko hat hohe Erwartungen an das Treffen: "Es kann zu einem Meilenstein werden und dem Prozess der Anbahnung des dreiseitigen Zusammenwirkens einen Impuls verleihen."

Doch Alexander Rahr ist skeptisch. Für das Außenministertreffen in Wladiwostok fehlt den "drei Quasigroßmächten", wie Rahr sie nennt, eine hochpolitische Agenda. "Es gibt in der Weltpolitik nichts, was die drei zusammen lösen könnten - weder den Nahostkonflikt noch den Kampf gegen den Terror im Mittleren Osten, den Amerika führt," sagt der Direktor des Körber-Zentrums.

Streitpunkt UNO-Reform

Auch in der Frage der UNO-Reform glaubt Alexander Rahr nicht, dass es in Wladiwostok zu einer Einigung kommen wird. Indien strebt wie Deutschland, Japan und Brasilien einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat an. China hat als eine der fünf Vetomächte eine Resolution zur Erweiterung des Sicherheitsrates am Dienstag (31.5.) scharf kritisiert. Trotzdem verlautet aus offiziellen Kreisen Chinas, dass die Notwendigkeit einer Koordinierung der politischen und wirtschaftlichen Pläne der drei Länder in jüngster Zeit gewachsen sei.

Indiens Präsident Abdul Kalam war in der letzten Maiwoche zu seinem ersten Russland-Besuch nach Moskau und Sankt Petersburg gereist. Eines der Verhandlungsthemen dabei war die dreiseitige Partnerschaft zwischen Russland, Indien und China.

Wachsender Austausch

Auch wenn die drei kein strategisches Dreieck bilden - die trilateralen Treffen wurden in den vergangenen Jahren immer weiter ausgebaut. Auftakt war im September 2001 die Konferenz "Russland, Indien, China und die Herausforderungen der Globalisierung".

Ein Jahr später fand im Rahmen der UNO-Vollversammlung das erste dreiseitige Treffen auf Außenministerebene statt. Im Oktober 2004 setzten sich die Länder in Alma-Ata (Kasachstan) bei einer Beratung über vertrauensbildende Maßnahmen in Asien zusammen.

Das Treffen in Wladiwostok findet erstmals unabhängig von internationalen und regionalen Konferenzen statt.