1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Krawall im Parlament

Sandra Petersmann3. September 2012

Durch organisierte Tumulte im Parlament will die größte Oppositionspartei Indiens den Rücktritt von Premierminister Manmohan Singh erzwingen. Hintergrund ist ein möglicher neuer Korruptionsskandal.

https://p.dw.com/p/162XB
An evacuated Parliament House complex is seen in New Delhi, India, Thursday Dec. 13, 2001. Gunfire and explosions erupted at Indias Parliament House as half a dozen armed men stormed the complex. (AP Photo/Ajit Kumar)
Indien Parlament in New DelhiBild: AP

Seit Tagen geht nichts mehr im Parlament. Die Abgeordneten der größten Oppositionspartei schreien und pöbeln, oder sie sind demonstrativ abwesend. Dabei gäbe es viel zu tun, um die Wirtschaft anzukurbeln, um die Bildung und die Energieversorgung zu verbessern, um die Armut zu bekämpfen.

"Wir wollen auch, dass das Parlament arbeitet", sagt der Sprecher der oppositionellen hindunationalistische Bharatiya Janata Partei (BJP). "Wir würden nicht stören, wenn der Premierminister seinen Rücktritt einreichen würde." Auslöser der Parlaments-Proteste ist ein Bericht des staatlichen Rechnungsprüfers. Danach hat die indische Regierung Kohlefelder zu Spottpreisen an ausgewählte Privatunternehmen verscherbelt, anstatt sie meistbietend zu versteigern. Der errechnete Schaden für den Staat: rund 34 Milliarden Dollar.

Lal Krishna Advani, Führer von Indiens größter Oppositionspartei BJP(Foto:Rajesh Kumar Singh/AP/dapd)
Lal Krishna Advani, Führer der Oppositionspartei BJPBild: AP

"Busenfreund-Kapitalismus"

Die BJP, die als größte Oppositionspartei die parlamentarische Revolte anführt, spricht von 'Busenfreund-Kapitalismus'. "Wenn der Premierminister seine Verantwortung Ernst nimmt, dann muss er aus moralischen Gründen zurücktreten", so Ravi Shankar Prasad, Generalsekretär der BJP.

Manmohan Singh wollte sich persönlich vor dem Parlament zu den Vorwürfen äußern - aber die Abgeordneten der BJP brüllten ihn nieder. Um sich Gehör zu verschaffen, sprach der 79-jährige Regierungschef draußen vor der Tür mit Journalisten: "Ich möchte mich dafür entschuldigen, dass das Parlament nicht arbeitet. Die Bevölkerung soll wissen, dass wir uns nichts vorzuwerfen haben. Wir werden den Bericht des Rechnungsprüfers im Parlament widerlegen. Ich fordere die Opposition auf, mit uns zu debattieren und das Land über die Wahrheit entscheiden zu lassen", sagte Singh.

Indiens Premier Manmohan Singh am Rednerpult (Foto: PRAKASH SINGH/AFP/GettyImages)
Regierungschef Manmohan Singh steht im Zentrum der KritikBild: Getty Images

Nährboden für Korruption

Auch wenn der Premierminister persönlich als integer gilt, wäre es nicht der erste Korruptionsfall, in den Mitglieder seiner Regierungskoalition verstrickt sind. Darunter der Verkauf von Mobilfunklizenzen zu lächerlichen Freundschaftspreisen - für den Staat ein Verlustgeschäft von rund 40 Milliarden Dollar. Doch Korruption ist auch für die Opposition kein Fremdwort - gerade im Bergbausektor, der auf Grund des riesigen Energiehungers in Indien ein besonders lukratives Geschäft ist. Gleich in mehreren Bundesstaaten stehen einflussreiche BJP-Politiker am Pranger, weil sie sich persönlich bereichert haben sollen.

Commuters wait for buses outside a Metro station after Delhi Metro rail services were disrupted following power outage in New Delhi, India, Tuesday, July 31, 2012. A massive blackout hit northern and eastern India on Tuesday afternoon, leaving 600 million people without electricity in one of the world's most widespread power failures. The outage came just a day after India's northern power grid collapsed for several hours leaving cities and villages across eight states powerless. (Foto: Rajesh Kumar Singh/AP/dapd)
Viele Bürger haben das Vertrauen in die politische Klasse verlorenBild: dapd

Viele Bürger haben das Vertrauen in die politische Klasse längst verloren. "Ich glaube, wir müssen aufhören, von unseren Politikern zivilisiertes und ethisches Verhalten zu verlangen. Diese Phase ist wohl vorbei", sagte eine Frau. Wie zum Beweis regiert im Parlament der größten Demokratie der Welt nicht zum ersten Mal der Krawall und nicht die politische Debatte.