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Mikrokredite für alle

17. November 2009

Menschen, die ein zu niedriges Einkommen haben, bekommen meist keine Kredite. In Frankreich aber vergeben Banken jetzt Mikrokredite für jedermann - nach dem Vorbild des Nobelpreisträgers Mohammed Yunus aus Bangladesch.

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Beratungsgespräch bei einer Bank (Foto: dpa)
Die Mitarbeiter der Bank sind alle ehrenamtlich für das Projekt im EinsatzBild: picture-alliance/ dpa

Simone Richard ist eigentlich nicht kreditwürdig: Sie hat nur ein geringes Einkommen und keinerlei Sicherheiten. Trotzdem hat sie einen Kredit bekommen - und kann sich ein neues Gebiss leisten.

Kredite für Kreditunwürdige

Ein Gebiss wird geformt (Foto: dpa)
Für Zahnbehandlungen oder Renovierungen: MikrokrediteBild: AP

Die staatliche französische Bank "Le Crédit Municipal de Paris" hat der 73-jährigen Rentnerin einen so genannten persönlichen Mikrokredit gewährt. "Lange Zeit benutzte ich einen Kleber, um ein altes gebrochenes Gebiss zu kleben. Als ich von dem Kleinkredit gehört habe, bin ich gleich los, um zu sehen, ob ich davon profitieren kann. Ich habe mich überwunden und wurde sehr nett und mit großer Wärme empfangen", sagt Simone Richard, die von gelegentlichen Näharbeiten und ihrer Rente lebt.

Ihr Kreditantrag über 2000 Euro wurde nach drei Wochen befürwortet. "Ich muss drei Jahre lang 60 Euro monatlich zurückzahlen. Die Zinsen betragen vier Prozent. Wenn ich aber den Vertrag erfülle, werden mir zwei Prozent Zinsen zurückbezahlt", sagt Simone Richard. Die Bank vergibt Darlehen zwischen 300 und 3000 Euro mit einer maximalen Laufzeit von drei Jahren an Menschen, die von den Banken keinen Kredit bekommen - weil sie arbeitslos sind, ihr Einkommen zu niedrig oder zu unregelmäßig ist.

Von Bangladesch nach Frankreich

Porträt von Mohammed Yunus (Foto: dpa)
Für sein Konzept der Mikrokredite erhielt Mohammed Yunus den NobelpreisBild: picture-alliance / dpa

Die Mikrokredite sind eine Erfindung des Bangladescher Bankiers Mohammed Yunus. Das Konzept wurde mit einem Nobelpreis prämiert und greift nun auch in Frankreich um sich. "Es sind schon mehrere Städte, die das anbieten. Hier wird es in einem größeren Umfang betrieben und wir haben das Gefühl, wir könnten ansteckend werden und das ist gut so", sagt der Direktor der Pariser Bank "Le Crédit Municipal", Bertrand Candiard.

Arbeitsplätze sichern oder ausbauen, den Führerschein machen oder die Wohnung renovieren: Die Kredite werden für die unterschiedlichsten Dinge beantragt. "Es kann auch eine Zahnbehandlung sein oder ganz einfach der Kauf eines Möbelstückes. Es können auch junge Menschen sein, die eine Ausbildung finanzieren müssen", erzählt Marie-Claire, eine Bankkauffrau in Rente. Sie empfängt bei der Bank die Bewerber, überprüft ihre finanzielle Situation und hilft ihnen bei der Zusammenstellung der Unterlagen. Alles ehrenamtlich. "Ich hänge sehr an diesem Projekt. Ich bin eine ausgebildete Bankkauffrau und kann bedürftigen Menschen Zeit schenken."

Jeden Vormittag steht Marie-Claire den Bewerbern in der Bank zur Seite und fühlt sich für ihr Engagement immer wieder belohnt. "Ich erlebe ihre Freude, wenn der Kredit akzeptiert wird. Wenn sie zum Unterschreiben kommen, sagt ihr Lächeln alles."

Autorin: Elisabeth Fetizon
Redaktion: Julia Kuckelkorn