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Kredite statt Almosen - Mikrokredite in Uganda

12. Dezember 2008

Uganda gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. Um der Armut zu entkommen, suchen viele Menschen nach Geldquellen. Spar- und Kreditkooperativen bieten Kleinkredite an; geliehenes Geld für den Aufbau einer Lebensgrundlage.

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Eine Nähstube im Dorf Barr im Nordwesten Ugandas finanziert durch einen Mikrokredit. Ein Mann sitzt an einer Nähmaschine der Nähstube, die sich im Freien befindet
Mikrokredite als Startgeld für einen Kleinbetrieb: Nähstube im FreienBild: DW

Ob für den Kauf einer Nähmaschine, einiger Hühner oder Saatguts: Wer hierfür Geld braucht, für den ist eine kommerzielle Bank der falsche Ansprechpartner. Schon die Bearbeitungsgebühren können die benötigte Kreditsumme von zwischen zwei und 20 Euro übersteigen. Außerdem gibt es fast nur in den größeren Städten Banken, kaum jedoch auf dem Land. Aber gerade hier benötigen viele Menschen eine finanzielle Starthilfe für ein eigenes kleines Unternehmen.

Mikrokredite - solides Instrument der Armutsbekämpfung

Eine ugandische Fau bei der Feldarbeit; neben ihr stehen zwei Hütten; neben den Hütten stehen zwei weitere Personen
Sogar für die Anschaffung von Saatgut gibt es MikrokrediteBild: DW/Helle Jeppesen

Anfangs waren es vor allem Hilfsorganisationen, die die Ärmsten mit Geld versorgten – manchmal über Mikrokredite, oft aber auch als Geschenk. Für eine nachhaltige Armutsbekämpfung in Ländern wie Uganda aber ist eigenverantwortliches Handeln der Armen ebenso wichtig wie die Fähigkeit, selbständig zu wirtschaften. Deshalb gründen immer mehr Menschen in Uganda sogenannte SACCOs.

Das sind Spar- und Kreditkooperativen, die für die meisten Menschen in Uganda die einzige Möglichkeit sind, sich Zugang zu einem Geldservice zu verschaffen; sei es, um einen Kleinkredit aufzunehmen oder um Geld anzusparen. Eine Erfolgsgeschichte, betont Juma Yusuf Walusimbi, Pressechef der Bank of Uganda: "Die SACCOs und die Mikrokredit-Institute sind die Grundpfeiler unserer Wirtschaft". Das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen liegt bei 334 US-Dollar im Jahr - zu wenig, um für eine kommerzielle Bank als Kunde in Betracht zu kommen.

Reinhold Hoernle vom Deutschen Entwicklungsdienst DED (links) und sein Kollege Patrick Kawaguzi Mbeyagaza von der Midnorth Wirtschaftsförderung in Lira
Reinhold Hoernle vom Deutschen Entwicklungsdienst DED und sein Kollege Patrick Kawaguzi Mbeyagaza von der Midnorth Wirtschaftsförderung in LiraBild: DW

20 Cent pro Woche

Den Zuspruch für SACCOs kann auch Reinhold Hoernle vom Deutschen Entwicklungsdienst DED bestätigen. Er arbeitet bei der Midnorth Private Sector Development Company in Lira. Der Banker hilft dabei, neue Mikrofinanzierungsinitiativen aufzubauen. Oft, sagt Reinhold Hoernle, geht es um Beiträge von 500 oder 1000 Uganda Shilling pro Woche, wenn die Bewohner eine kleine Spargemeinschaft gründen. Das sind umgerechnet 20 bis 40 Cent. Das hört sich nach wenig an, aber für viele ist selbst so ein kleiner Betrag kaum erschwinglich – und das hat in Uganda einen historischen Hintergrund.

Nachwirkungen des Krieges

Mehr als 20 Jahre Bürgerkrieg haben die Menschen der ugandischen Stadt Lira hinter sich; mehr als 20 Jahre lang wüteten Rebellen in der Region im Nordwesten des Landes. Gruppen wie die berüchtigte Lord’s Resistance Army überfielen die Dörfer, entführten Kinder, um sie als Soldaten einzusetzen und metzelten die Bevölkerung nieder. Viele Menschen lebten auf engstem Raum in Flüchtlingslagern, weil ständige Überfälle ihnen das Leben in ihren Dörfern unmöglich machte. In den Lagern waren die hygienischen Verhältnisse katastrophal, Krankheiten breiteten sich aus. Es gab keine Arbeit, alle warteten nur auf die Lieferungen der Hilfsorganisationen. Erst vor zwei Jahren wurde die Rückkehr in die Dörfer möglich, nachdem ein Friedensabkommen zwischen Regierung und Rebellengruppen zustande kam.

Neue Perspektiven

Marktfrau in Lira, Stadt im Nordwesten Ugandas; auf dem Marktplatz, umgeben von unterschiedlichen Obst und Gemüsesorten
Kleinkredite machen es möglich: Lebensmittelerzeugung über den Eigenbedarf hinausBild: DW

Die Heimkehrer – viele von ihnen durch den Bürgerkrieg zu Witwen und Waisen geworden – standen vor dem Nichts. Damals existierten so gut wie keine Banken in Lira, weil es dort einfach kein Geld gab. Die Menschen hatten weder Arbeit noch eine Zukunft, für die es sich zu sparen gelohnt hätte. "Auch das müssen die Leute hier wieder lernen", sagt Reinhold Hoernle vom Deutschen Entwicklungsdienst DED, "für die Zukunft zu planen, anstatt auf die Lebensmittellieferungen der internationalen Hilfsorganisationen zu warten."

Den Menschen der geschundenen Region war also mit Frieden allein nicht gedient, sie brauchten Geld für den Wiederaufbau. Die Mikrokredite der SACCOs halfen dabei und helfen noch - auch bei der Versorgung mit Lebensmitteln. Bauern nutzen das geliehene Geld für den Anbau von Obst, Getreide und Gemüse, sowohl für den Eigenbedarf als auch für den Verkauf.

Hohe Zinsen, hohe Rendite

Umsonst sind Mikrokredite nicht zu haben. Die Zinsen der SACCOs in Uganda betragen zwischen 20 und 30 Prozent, manchmal sogar mehr. Es ist aber immer noch sicherer und preiswerter, sich von einer SACCO Geld zu leihen als von den lokalen Kredithaien. Zudem ist die Rendite der Mikrokredite immens. Die Rendite bedeutet Zukunft: für die Familie, für das Dorf, für das Land und besonders für die Frauen.

Denn, so zeigen Erfahrungen weltweit, Frauen sind nicht nur die verlässlicheren Schuldner, sondern profitieren auch am meisten von den Mikrokrediten. Dank des Zugangs zu Geld ändert sich die Rolle der Frau in Ländern wie Uganda zunehmend. 40-50 Prozent aller Unternehmen in Entwicklungsländern werden von Frauen gegründet und geleitet. Sie tragen somit eindrucksvoll zur Armutsbekämpfung, Jobbeschaffung und Bildung bei – und zur Stärkung der Frau in der Gesellschaft.

Autorin: Helle Jeppesen

Redaktion: Peter Koppen