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Kredithürden aus Sicht der Commerzbank

29. Juni 2010

Für Wachstum müssen Kredite vergeben werden. Gerade da halten sich die Banken zurück, beklagen viele Unternehmer. Wie groß aber ist die Kreditklemme? Ein Interview mit Markus Beumer aus dem Vorstand der Commerzbank .

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Markus Beumer, Mitglied des Vorstands der Commerzbank AG und Verantwortlich für die Mittelstandsbank der Commerzbank, Foto: Commerzbank
Markus Beumer: Es gibt keine KreditklemmeBild: commerzbank

DW-WORLD.DE: Herr Beumer, wie viele Kredite haben Sie im letzten Jahr vergeben?

Markus Beumer: Wir haben insgesamt ein Kreditvolumen von 130 Milliarden Euro im Geschäfts- und Firmenkundensegment und über eine Million Kunden. Im Bereich Mittelstand haben wir damit soviel Kredite ausgegeben wie Postbank, Deutsche Bank und Hypovereinsbank zusammen. Von da her sind wir uns der Bedeutung schon sehr bewusst. Wir haben im vergangenen Jahr 2,5 Milliarden Euro als reines zusätzliches Neugeschäft aufgelegt, das auch vollständig vergeben wurde. In diesem Jahr haben wie ein weiteres, diesmal fünf Milliarden Euro schweres Kreditprogramm für den Mittelstand eingeführt, das übrigens schon fast zur Hälfte platziert ist.

Die Commerzbank und die KfW, also die Kreditanstalt für Wiederaufbau, haben einen Mittelstandsfonds aufgelegt, anvisierter Umfang 500 Millionen Euro. Was soll denn der Mittelstandsfonds zusätzlich leisten?

Es gibt eine Reihe von Kunden, die im Verlauf der Wirtschaftskrise eine Gewinnaufzehrung hinnehmen mussten. In diesen Fällen sind hier zusätzliche Kredite in einem größeren Rahmen jedoch dann möglich, wenn die Eigenkapitalbasis noch ausreichend ist. Und genau dafür haben wir zusammen mit der KfW diesen Mittelstands-Fonds aufgelegt, um Unternehmen mit ganz gezielten Minderbeteiligungen zu unterstützen. Ziel ist es hier, künftige Wachstumsfinanzierung zu ermöglichen - also Wachstum auch zu unterstützen.

Welche Voraussetzungen müssen denn die Kreditnehmer erfüllen?

Die Voraussetzungen sind natürlich unterschiedlich. In einer Wirtschaftskrise gibt es natürlich Unternehmen, die stark oder weniger stark durch den Abschwung betroffen wurden. Eine wesentliche Voraussetzung ist, dass man eine Transparenz von Informationen und Zahlen gerade in dieser Zeit braucht, um möglichst frühzeitig Initiativen ergreifen zu können. Wichtig ist aber - das gilt dann auch für die Bank -, dass wir nicht allein auf die Zahlen der Vergangenheit schauen, sondern nach vorne blicken und dafür die Zukunftsfähigkeit der Unternehmen prüfen müssen. Das ist eine Zusatzaufgabe. Wir möchten durch unsere „Analyse Zukunftsfähigkeit“ denjenigen Unternehmen Kredite ermöglichen, die wir trotz schlechter Zahlen und Verluste im Jahr 2009, als zukunftsfähig ansehen und denen wir dann auch frühzeitig Mittel bereit stellen.

Welche Sicherheiten wären denn für Sie auch noch ausschlaggebend, neben dem Eigenkapital?

Es gibt grundsätzlich die Frage, über welche Sicherheiten die Unternehmen verfügen. Das ist aber nicht anders als in der Vergangenheit. Es geht aber nicht nur um die Frage der Sicherheiten, sondern um die saubere Finanzierungsstruktur - dass man am Ende auch in den Unternehmen genug Kapital hat. Und dafür ist so ein Mittelstandfonds ein hervorragendes Instrument. Der Fonds soll Unternehmen temporär Unterstützung bieten. Es geht nicht darum, dass wir uns als Bank auf Dauer beteiligen. Sondern es kommt darauf an, in diesen Krisenphasen zusätzliches Eigenkapital überbrückend bereit zu stellen, um dadurch auch die Aufnahme größerer Fremdmittel zu ermöglichen.

Gerade in der Krise haben mittelständische Unternehmen die Zurückhaltung der Banken bei der Kreditvergabe beklagt. War das zu Recht?

Man muss dies von zwei Seiten sehen. Rein über die gesamte volkswirtschaftliche Betrachtung heraus sind die Sorgen bisher nicht begründet. Man kann von einer Kreditklemme, wie sie ja vielfach erörtert wird, nicht sprechen. Aber es gibt natürlich Unternehmen, die durch die Krise sehr unterschiedlich gegangen sind. Das hängt oft von der jeweiligen Branche ab. Deshalb kann es sein, dass einzelne Unternehmen individuell für sich durchaus eine Kreditklemme empfinden. Um hier initiativ werden zu können, sind die Maßnahmen, die ich eben erörtert habe, notwendig. Aber man muss schon sehen, dass Kredite für manche Unternehmen schwerer und für viele andere aber etwas leichter zu erhalten sind.

Sind Kredite teurer geworden?

Definitiv - das muss man ganz offen sagen. Ja, natürlich sind Kredite teurer geworden. Und zwar aus zwei Gründen. Einmal aufgrund der schlechteren Situation der Unternehmen. Hier greifen dann die Regeln des sogenannten Basel-II-Konzeptes, dass mit höheren Risiken auch höhere Preise zu vereinnahmen sind. Der zweite Punkt, warum es teurer geworden ist, sind die Märkte. Die sogenannten Liquiditätskosten für die Banken, die gar nicht mit dem Risiko des Unternehmens, sondern mit der Beschaffung von mittelfristigen Gelder zu tun haben, sind deutlich gestiegen. Beide Faktoren führen dazu, dass die Preise, die Margen höher geworden sind.

Haben sich denn die Wünsche der Kreditnehmer unter dem Eindruck der Krise verändert? Also sprich sind sie vorsichtiger geworden oder fordernder?

Wir sehen erst einmal grundsätzlich eine abnehmende Kreditnachfrage, was in der Krise ja normal ist. Wir reden hier also noch nicht über irgendwelche abnormalen Situationen. Die Kreditnachfrage nimmt aus verschiedensten Faktoren ab. Sie nimmt ab, weil das Exportgeschäft und damit das Exportfinanzierungsgeschäft - da sind natürlich die Großbanken hier in Deutschland stärker engagiert als die regionalen Institute - deutlich zurückgegangen sind. Zudem sind Investitionen verschoben worden. Das heißt, zur Zeit haben viele Unternehmen Investitionsfinanzierungen in die Zukunft zurückgestellt. Wir rechnen allerdings damit, dass es die Nachfrage nach Kredit in den kommenden Quartalen wieder sukzessive steigen wird.

Markus Beumer ist Mitglied des Vorstands der Commerzbank AG und verantwortlich für die Mittelstandsbank der Commerzbank.

Das Gespräch führte Sabine Faber

Redaktion: Insa Wrede