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Krieg außer Plan

Daniel Scheschkewitz31. März 2003

Die Ansichten der führenden US-Politiker und ihren Generälen über die Kriegführung klaffen auseinander. Das ist nicht ungewöhnlich. Im Irak-Krieg kommen die Unstimmigkeiten allerdings schon sehr früh.

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Verteidigungsminister Rumsfeld:<br> Waren seine Kriegspläne zu ambitioniert?Bild: AP

Präsident Bush braucht einen relativ schnellen Kriegserfolg. Die USA sind eine "Fast Food"-Nation und ein monatelanger, geschweige denn jahrelanger Krieg im Irak wäre für Bush politisches Gift. Nächstes Jahr stehen Präsidentschaftswahlen an und bis dahin will der Chef im Weißen Haus den wirtschaftlichen Aufschwung in den Vereinigten Staaten vorweisen können. Wenn nicht, könnte es Bush junior so gehen wie Bush senior, der zwar 1991 den Golfkrieg gewann, die anschließende Wahl 1992 aber gegen Bill Clinton verlor. Der wirtschaftliche Aufschwung aber - da sind sich die meisten Experten sicher – wird sich nicht einstellen, solange der militärische Sieg im Irak nicht in Reichweite ist.

Hohe Erwartungshaltung geschürt

Zudem haben Bush und sein Kabinett der Erwartungshaltung im Lande, dass dieser Krieg schnell zu Ende sein werde, zumindest nicht widersprochen. Sie haben diese Erwartungshaltung sogar geschürt, in dem sie der amerikanischen Bevölkerung suggerierten, das irakische Volk warte nur darauf, seine Unterdrücker abzuschütteln. Die würden unter dem Eindruck eines massiven Blitzkrieges schnell die Kontrolle verlieren. Jetzt sind die Bushs und Rumsfelds Gefangene ihrer eigenen Argumentation.

Für die Militärs stellt sich die Sache anders dar. Ihr Kriegsplan ist auf langfristigen Erfolg ausgerichtet, auch wenn er kurzfristige Erfolge, wie die Sicherung der Ölfelder im Süden des Irak, durchaus möglich macht. Aber für den entscheidenden Kampf um Bagdad wollen sich die Generäle Zeit lassen. Das hat mehrere Gründe: Ein Häuserkampf wäre mit Sicherheit verlustreich, solange das Regime noch einigermaßen sicher im Sattel sitzt.

Militärs fordern mehr Zeit

Es besteht die realistische Chance, durch eine fortgesetzte Bombardierung ausgewählter Ziele in der Hauptstadt die politische Führung des Irak weiter entscheidend zu schwächen und die wartenden Truppen zu zermürben. Die eigenen Versorgungslinien müssen verstärkt und gegen rückwärtige Angriffe gesichert werden. Die Truppen, die eigentlich für die Nordfront vorgesehen waren, dann aber nicht in der Türkei stationiert werden durften, befinden sich gerade auf dem Weg nach Kuwait und werden wahrscheinlich nicht vor Mitte April einsatzbereit sein.

Die Militärs stehen also nicht unter dem gleichen Zeitdruck wie die politische Führung in Washington. Was bedeutet das für den weiteren Verlauf des Krieges? Zum einen müssen die Politiker in Washington die Erwartungshaltung in der Bevölkerung dämpfen. Damit haben sie bereits begonnen und die Umfragen zeigen, dass die Amerikaner sich längst auf einen längeren Krieg eingestellt haben. Zum anderen sind die Generäle gezwungen, vor Ort ihren Kriegsplan an die veränderten Rahmenbedingungen anzupassen und alte Prämissen über Bord zu werfen.

Doch auch sie müssen sich dem Druck der politischen Führung fügen, die öffentliche Meinung im Auge behalten und die Zahl der Kriegstoten niedrig halten. Wie ambitioniert die "Operation freier Irak" wirklich ist, beginnt sich erst jetzt in vollem Ausmaß abzuzeichnen.