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Krieger in Zivil

DW-TV-Korrespondent Udo Bauer6. Mai 2004

Der Folterskandal im Irak wirft Licht auf Tausende von US-Zivilisten, die im Zweistromland operieren. Sie arbeiten als eine Art Söldner und - so der Verdacht - als Folterknechte.

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Wieviele es sind, weiss nur das Pentagon. Sie arbeiten gerne im Hintergrund, möglichst anonym - und das hat seinen Grund. Sie machen die Arbeit, für die der normale GI nicht geeignet ist. Was nicht heisst, dass sie Experten sind im "nation building", also im zivilen Wiederaufbau. Ihr Geschäft ist das Sammeln von Geheimdienstinformation.

Wobei wir beim Thema Gefängnisse sind. Denn hier arbeiten sie Hand in Hand mit dem CIA und dem Geheimdienst der US-Streitkräfte. Die GIs, die auf den schrecklichen Fotos aus dem Abu Ghraib-Gefängnis zu sehen sind, sind ihre Befehlsempfänger. Ihnen haben die Zivilisten erklärt, wie man den Gefangenen am besten den Schlaf entzieht und - nicht zuletzt - wie man sie am wirkungsvollsten erniedrigt und demütigt, nämlich mit Nacktheit und angedeuteten oder vollzogenen (homo-)sexuellen Handlungen.

Rechtliche Grauzone

Bestraft werden jetzt offensichtlich in erster Linie die Soldaten. Ihnen kann man einfach nachweisen, dass sie mit ihrem Verhalten unter anderem gegen die Genfer Konvention verstoßen haben. Doch gelten diese Verpflichtungen auch für die Krieger in Zivil? Nein, sagt der ehemalige CIA-Mitarbeiter Robert Bär. Sie seien keinem militärischen Kommando unterstellt, so Bär. Außerdem "unterliegen sie nicht dem amerikanischen Recht und auch nicht dem irakischen".

Mit anderen Worten: Diese Söldner können tun, was sie wollen, ohne sich vor irgendwem verantworten zu müssen. Menschenrechtsorganisationen äußern nun die nahe liegende Vermutung, dass das Pentagon bewusst mit in solcher Weise "geschützten" Zivilisten zusammenarbeitet.

Outsourcing-Boom seit 9-11

Mit den Terroranschlägen auf New York und Washington war den US-Behörden schlagartig vor Augen geführt worden, dass sie mehr und bessere Geheimdienstinformationen brauchen. Firmen wie CACI International Inc., die gleich im Schatten des Pentagons ihren Sitz hat, und Titan Corp. boten ihr Personal für diese neuen Aufgaben an, und das Verteidigungsministerium griff großzügig zu. Viele der Zivilisten waren ja auch alte Bekannte - ehemalige US-Soldaten mit 10 bis 15 Dienstjahren – ideal also für die neuen Aufgaben in Afghanistan und Irak. Die sonst üblichen Background Checks wurden verkürzt und vereinfacht – schließlich duldete die nationale Sicherheit keinen Aufschub.

Charles Abell, Staatssekretär im Pentagon, hatte bereits im Oktober 2003 gegenüber einem Senatsausschuss zugegeben, dass man einigen schwarzen Schafen erst sehr spät auf die Schliche gekommen sei. Drei Zivilisten sind auch im Zusammenhang mit dem Folterskandal im Visier der Ermittlungen.

Kombattanten außerhalb des Gesetzes

Aber dass das gesamte System der Zusammenarbeit mit zivilen Sicherheitsfirmen kritisch unter die Lupe genommen wird, das ist noch nicht absehbar. Vielleicht auch deshalb, weil dann jemand auf die Idee kommen könnte, diese Zivilisten, die auch häufiger US-Soldaten bei Feuergefechten mit Aufständischen im Irak unterstützen, als "unlawful combatants" zu bezeichenen, als außergesetzliche Kämpfer also. Mit dieser Begriffsneuschöpfung als Begründung entzieht die US-Regierung nämlich den Gefangenen in Guantanamo Bay jegliche Rechte und behauptet, dass noch nicht einmal die Genfer Konvention auf sie Anwendung findet.

Auch im Land der Rechtsverdreher muss man aufpassen, dass man sich nicht selbst in den Fuss schießt.