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Kriegsangst als Wahlkampfthema

Nina Werkhäuser12. August 2002

Seit Tagen warnt die Bundesregierung vor einem möglichen Angriff der USA auf den Irak. Das Thema ist zweifellos wichtig, der Zeitpunkt der Debatte deutet aber auf ein Wahlkampfmanöver hin, meint Nina Werkhäuser.

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Sehr glaubwürdig ist sie nicht, die plötzliche große Sorge der Bundesregierung über die amerikanische Irak-Politik. Monatelang hatte es beinahe gelangweilt geheißen: "Wir wissen nichts von Angriffsplänen der Amerikaner auf den Irak" - so als sei das Thema sehr weit weg. Journalisten, die danach fragten, wurde von Regierungsmitgliedern eine blühende Phantasie bescheinigt. Dass deutsche Spürpanzer und Soldaten in Iraks Nachbarland Kuwait stationiert sind, sei doch normal in Zeiten der Terrorismusbekämpfung und nicht der Rede wert, hieß es.

Lediglich im Februar, nachdem US-Präsident Bush den Irak auf seiner "Achse des Bösen" eingeordnet hatte, flackerte auch in Deutschland kurz eine Debatte auf, die aber schnell wieder erstarb. In Washington wurde währenddessen weiter und bis ins Detail darüber diskutiert, wie Saddam Hussein am besten zu entmachten sei. Und nun interessiert das urplötzlich auch die Bundesregierung - leider viel zu spät. Des Kanzlers Wahlkampfstrategen haben ihm geraten: Finde Themen, die Emotionen wecken und die Regierung gut aussehen lassen, und das hat Schröder brav getan. Prompt präsentierte er sich als Friedenskanzler und verkündete: Wir Deutschen machen auf keinen Fall mit, wenn die USA den Irak angreifen - jedenfalls nicht, solange ich Kanzler bin!

Gut, dass Schröder eine klare Meinung zu diesem wichtigen Thema hat, noch besser, dass wir sie endlich erfahren dürfen. Scheinheilig ist nur der Zeitpunkt. Es wäre glaubwürdiger gewesen, der Kanzler hätte sagen können: "Ihr kennt ja meine Meinung, und ich wiederhole sie jetzt noch einmal: Einen Angriff auf den Irak halte ich für gefährlich." Dann hätte die Opposition nicht ganz so laut schreien können: Alles nur Wahlkampfrhetorik! Dann wäre auch mehr Zeit für die Argumente und die Debatte geblieben. Doch statt Argumenten lieferte Schröder zunächst nur das Diktum vom "deutschen Weg" beim Wahlvolk ab. Das klingt wichtig, hilft aber nicht weiter. Auch in anderen Ländern wird ein möglicher Angriff der USA auf den Irak höchst kritisch gesehen. Das Wort vom "deutschen Weg" ist also - anders als das Thema selbst - echtes Wahlkampfgeplänkel.

Gleichzeitig fordert der deutsche Außenminister, Europa müsse mit einer Stimme sprechen und meidet die nebulöse Formulierung vom "deutschen Weg". Schlecht koordiniert sind die Auftritte also auch noch. Das ist schade, denn die Auseinandersetzung mit den Plänen der USA ist wichtig, bevor Tatsachen geschaffen werden.

Da die Debatte nun im Wahlkampf geführt wird, ist ihre Lebensdauer gering und ihr Tiefgang wenig beeindruckend. Aber ein reines Ablenkungsmanöver, wie die Opposition behauptet, ist das Thema keineswegs, dazu ist es auch nicht geeignet. Schließlich ist schon nach wenigen Tagen die Innenpolitik in den Schlagzeilen wieder vorn. Aber gut, dass über die Irak-Politik der USA nun wenigstens auch in Deutschland ganz offiziell diskutiert werden darf.