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Kriegsangst und Attentismus

Rolf Wenkel11. Januar 2003

In der ersten vollen Handelswoche des neuen Jahres haben sich die Börsen - auch in Frankfurt - sehr nervös gezeigt. Es gab zum Teil heftige Kursausschläge nach oben und nach unten.

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Beflügelte den Markt:<br>Software-Hersteller SAPBild: AP

Die Aktienmärkte zeigten sich zum Wochenanfang noch sehr freundlich. Insbesondere Werte des Technologiesektors wie Microsoft, IBM und Intel waren gefragt. Gute Aussichten des Walldorfer Softwarekonzerns SAP, der seine Renditeziele bestätigte, beflügelten zeitweise nicht nur den deutschen Markt, sondern sogar die Wall Street in New York. Manchmal kommt es eben doch vor, dass der Schwanz mit dem Hund wedelt.

Konjunkturprogramm brachte keine Impulse

Auch die lange Zeit gemiedenen Internetaktien wiesen Kursgewinne auf. Allerdings war diese Entwicklung nur von kurzer Dauer; sie drehte im Wochenverlauf. Erste Gewinnmitnahmen belasteten die Märkte und zogen Dow Jones und Nasdaq ins Minus. Die mit Spannung erwartete Rede des amerikanischen Präsidenten George Bush über ein neues Konjunkturprogramm konnte der Wall Street keine Impulse geben, da bereits im Vorfeld zahlreiche Details bekannt geworden waren.

In Deutschland stand neben SAP und den Aktien des Einzelhandelskonzerns Metro besonders die Papiere der Deutschen Telekom im Fokus der Anleger. Nach einer Heraufstufung der Telekom- Branche zeigt der Wert nun mit Kursen deutlich über 13 Euro neues Potenzial.

Schulden und Perspektiven

Allgemein wird angenommen, dass die großen Telekom-Anbieter dieser Welt zwar enorme Schuldenberge vor sich herschieben, sie aber auch gleichzeitig das Potenzial haben, diese Schulden langfristig abzubauen und auch von neuen Technologien wie der dritten Mobilfunkgeneration UMTS zu profitieren. Für den deutschen Markt können dabei der Telekom die besten Chancen eingeräumt werden, obwohl sie keinerlei technologischen Vorsprung gegenüber den Mitbewerbern hat. UMTS beseitigt den Flaschenhals der mobilen Datenkommunikation und wird am Anfang vornehmlich von Geschäftskunden genutzt werden - in diesem Segment hat die Deutsche Telekom jedoch mit Abstand die meisten Kunden, verglichen mit den Mitbewerbern.

Insgesamt zeigt sich der Aktienmarkt zu Beginn des neuen Jahres wie erwartet sehr volatil. In Anbetracht des für Ende Januar angekündigten Abschlussberichts der UN-Inspekteure im Irak wird das Marktgeschehen weiterhin durch Kriegsängste und einen allgemeinen Attentismus beherrscht. Auch wenn die Konjunkturaussichten für Deutschland keinen Anlass zu Euphorie geben, ist der deutsche Aktienmarkt im internationalen Vergleich unterbewertet. Vor diesem Hintergrund sollten Privatanleger weiterhin selektiv Positionen in Standardtiteln wie der Deutschen Telekom oder Bayer aufbauen, sagen die Analysten der Commerzbank.

Nichts Neues am Rentenmarkt

"Neues Jahr - altes Spiel" lautete auch das Motto am deutschen Rentenmarkt. Aufgrund schlechter Wirtschaftsdaten und der anhaltenden Aversion der Anleger gegen Risiken erfreuen sich Anleihen weiterhin großer Beliebtheit. In den USA sanken die Auftragseingänge gegenüber dem Vormonat unerwartet. Auch der Rückgang der deutschen Einzelhandelsumsätze im November um sechs Prozent gegenüber November 2001 überraschte selbst Pessimisten. Trotz des großen Angebotes an Neuemissionen stieg der Bund-Future.

Die Commerzbank rät privaten Anlegern, sich weiter im Euro-Raum zu engagieren und mittlere Laufzeiten bis fünf Jahre zu bevorzugen. Da die Renditedifferenz zwischen zwei- und fünfjährigen Titeln mit 0,7 Prozentpunkten derzeit recht hoch ist, sei ein Tausch empfehlenswert, schreibt die Commerzbank. Denn mit einem nennenswerten Renditeanstieg ist in den nächsten Monaten nicht zu rechnen.