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Lubanga-Prozess

26. Januar 2009

Vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag hat der erste Prozess begonnen. Angeklagt ist ein afrikanischer Warlord.

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Internationaler Strafgerichtshof in Den Haag (Foto: dpa)
Internationaler Strafgerichtshof in Den HaagBild: picture-alliance/ dpa

Knapp sieben Jahre nach seiner Gründung hat am Montag (26.01.09) vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag (IStGH) das erste Hauptverfahren begonnen. Angeklagt ist der frühere kongolesische Milizenchef Thomas Lubanga. Lubanga wird die Rekrutierung von Kindersoldaten für den bewaffneten Arm seiner "Union Kongolesischer Patrioten" (UPC) vorgeworfen. Der 48-Jährige ist der erste Angeklagte, der sich wegen dieses Tatbestandes vor einem internationalen Gericht verantworten muss.

Beschränkte Anklage

Lubanga war im März 2005 in der Demokratischen Republik Kongo festgenommen und ein Jahr später an den IStGH überstellt worden. Nach Überzeugung der Anklage war Lubanga in den Jahren 2002 bis 2003 für die Rekrutierung von tausenden von Kindern unter 15 Jahren in der Provinz Ituri im Osten des Kongo verantwortlich. Die Kinder, so Chefankläger Luis Moreno-Ocampo, seien zu Mord, Vergewaltigungen, Plünderungen und Verwüstungen gezwungen worden. Er werde deshalb voraussichtlich eine Strafe nahe der Höchststrafe von 30 Jahren Haft fordern. Drei der betroffenen Kinder sind als Nebenkläger zugelassen. Menschenrechtsgruppen kritisieren, dass nicht auch andere Kriegsverbrechen Lubangas verhandelt werden. In einer ersten Einlassung erklärte die Verteidigerin Lubangas, ihr Mandant plädiere auf unschuldig.


Die Anhörungen haben am Montag (26.01.09) mit einer Erklärung des Chefanklägers begonnen. Als erster Zeuge soll bereits am Mittwoch (28.01.09) ein ehemaliger Kindersoldat vor dem Gericht aussagen. Insgesamt will das Tribunal 30 Zeugen hören, darunter ehemalige Milizangehörige. Auch Experten, die mit Hilfe von Röntgenstrahlen das genaue Alter der Kinder bestimmen sollen, sind geladen.

Verfahrensmängel korrigiert

Kongolesischer Warlord Thomas Lubanga (Foto: AP)
Der kongolesische Warlord Thomas LubangaBild: AP

Der Prozess gegen Lubanga wäre im Juni 2008 beinahe geplatzt. Die Verteidigung hatte Chefankläger Moreno-Ocampo vorgeworfen, Dokumente für sich behalten zu haben, die Lubanga möglicherweise entlasten könnten. Die zuständigen Richter setzten daraufhin das Verfahren zunächst aus und ordneten die Freilassung des Angeklagten an. Erst nach Bereitstellung aller Unterlagen und nach Einspruch der Anklage entschied das Gericht erst am 13. Januar 2009 die Fortsetzung des Prozesses.


Nach Angaben von Menschenrechtsgruppen starben bei den Kämpfen zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen in der rohstoffreichen Region Ituri im Osten des Kongo seit 1999 mehrere zehntausend Menschen. Zu Lubangas UPC zählen vor allem Angehörige der nomadisch lebenden Hema, die mit den sesshaften Ackerbauern des Lendu-Volkes verfeindet sind. In die Kämpfe griffen seit Ende der 1990er Jahre auch immer wieder ugandische und ruandische Soldaten ein.


Der Internationale Strafgerichtshof soll länderübergreifend Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen ahnden. Er urteilt dabei über die Taten Einzelner und nicht über Staaten. Die Gründung des IStGH wurde im Juli 1998 in Rom beschlossen. Am 1. Juli 2002 nahm das Gericht seine Arbeit auf, nachdem genügend Staaten das Rom-Statut unterzeichnet hatten. Bisher haben 108 Staaten die Ratifizierung vollzogen, darunter alle Staaten der Europäischen Union und mehr als 30 afrikanische Staaten. Die USA, Russland, China und viele arabische Staaten lehnen den IStGH ab. Der Gerichtshof schreitet nur ein, wenn ein Land nicht willens oder in der Lage ist, mutmaßliche Kriegsverbrecher selbst zur Rechenschaft zu ziehen. Ausnahmen sind möglich, wenn der UN-Sicherheitsrat dies beantragt. Zudem ist der IStGH nur für Verbrechen zuständig, die nach dem 1. Juli 2002 begangen wurden. (gmf)


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