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Kriegsouvertüre am Golf

Daniel Scheschkewitz29. November 2002

Während UN-Waffeninspekteure im Irak zu neuen Missionen ausrücken, bereiten die USA weiter einen möglichen Angriff auf das Land vor. Dies soll der Null-Toleranz-Politik gegenüber dem Irak Nachdruck verleihen.

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US-Streitkräfte nehmen Kurs auf IrakBild: AP

Bis zum 8. Dezember muss der Irak Informationen über seine Waffen-Programme liefern. Bleibt er diese schuldig, schließen die USA Militär-Aktionen nicht mehr aus. Die Vorbereitungen dafür sind längst im Gange. Seit Monaten haben die USA allmählich ihre militärische Präsenz in der Golfregion verstärkt. Häufig unter dem Deckmantel militärischer Übungen, aber so, dass sie innerhalb von wenigen Wochen mit einer Invasion im Irak beginnen könnten. Nach Schätzungen des Pentagon verfügen die USA gegenwärtig über rund 60.000 Soldaten in der Region, davon allein 14.000 auf Kriegsschiffen. Die Truppen verteilen sich auf Stützpunkte in Kuwait, Saudi-Arabien, Katar, Oman, Bahrein, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Jordanien und der Türkei.

Brennende Ölfelder in Kuweit - amerikanische AC-130 fliegen darüber
Erinnerungen an den Golfkrieg: Amerikanische Frachtflugzeuge fliegen über brennende Ölfelder nahe Kuwait-Stadt 1991 (Archiv)Bild: AP

Allein im Wüstenemirat Kuwait, dass direkt an den Irak angrenzt, nehmen derzeit 10.000 US-Soldaten - doppelt so viele wie sonst - an Truppen-Übungen teil. Kuwait, Stützpunkt der 3. US-Infantrie-Division in Camp Doha, rund 500 Kilometer von Bagdad entfernt, gilt unter Militär-Experten als naheliegendes Aufmarsch-Gebiet für Boden-Truppen, die in einer Stärke von bis zu 150.000 Mann im Irak zum Einsatz kommen könnten.

Diskret, aber unverhohlen

Ähnlich wichtig, vor allem als logistisches Zentrum ist die Halbinsel Katar. Bis Ende November werden dort 600 Mitarbeiter aus dem US-Zentralkommando für den Persischen Golf, das normalerweise in Tampa - Florida - beheimatet ist, stationiert, vorübergehend wie es heißt. Von Katar aus könnte der US-Militär-Einsatz im Irak gesteuert werden.

Die militärischen Vorbereitungen am Golf werden von den USA so diskret wie möglich voran getrieben. Einerseits soll Saddam Hussein die militärische Droh-Kulisse zwar durchaus zu spüren bekommen, andererseits wird der Truppen-Aufmarsch von delikaten Verhandlungen über Überflug-Rechte und Nutzungs-Rechte von Militär-Stützpunkten begleitet und soll keine unnötigen Ressentiments schüren. Bislang wurden vor allem Ausrüstung, Nahrung und Panzer an den Golf geschifft. Die für eine Boden-Offensive notwendigen zusätzlichen Truppen-Teile kämen zuletzt dazu.

Kleinkrieg

Schon jetzt führen Briten und Amerikaner einen Kleinkrieg mit fast täglichem Beschuss in den Flug-Verbots-Zonen im Nord- und Südirak. Die Flug-Verbots-Zone im Norden des Landes, nach dem Golfkrieg zum Schutz der kurdischen Minderheit eingerichet, wird von rund 50 Kampf-Flugzeugen vom Typ F15 und F16 patrolliert, die auf dem türkischen Stützpunkt Incerlik stationiert sind.

amerikanisches Kampflugzeug
Amerikanisches Kampflugzeug vom Typ F18 (Archiv)Bild: AP

Die Flug-Verbots-Zone südlich des 33. Breitengrades, in der die Schiiten leben, wird vom Luftwaffen-Stützpunkt Prinz Sultan in Saudi-Arabien kontrolliert - doch das saudische Königshaus hat die Nutzung dieser Basis für eine Irak-Invasion untersagt.

Ausweichbasen stehen in Jordanien, in Bahrein und im begrenzten Umfang auch im Oman zur Verfügung. Dort trainieren die britischen Spezial-Kräfte den Wüsten-Krieg. Eine ihrer Aufgaben: Sie sollen die Massen-Vernichtungs-Waffen im Irak aufspüren und sie zusammen mit amerikanischen "special forces" nach Möglichkeit vernichten.

Deutsche Beobachter

Die US-Spezial-Kräfte sammeln sich in diesen Tagen vor der Küste Dschibutis, praktisch unter den Augen deutscher Marine-Offiziere, die am Horn von Afrika die Schifffahrts-Wege im Zuge der Mission "Enduring Freedom" kontrollieren.

Wenn es im Irak zum Krieg kommt, wird er keine Ähnlichkeit mit dem Golfkrieg von 1991 haben. Damals wurde der Krieg vor allem mit konventionellen Mitteln und einer großen Zahl von Boden-Truppen geführt. Dieses Mal wird ihre Zahl deutlich geringer sein. Experten rechnen mit zwei oder drei Divisionen in der Stärke von 60.000 Mann, die sich begleitet von ständigem Präzisions-Bombardement der US-Luftwaffe auf Bagdad zu bewegen würden.

Häuserkampf

Dort könnten sie sich mit einem Luftlande-Korps - um die 25.000 Mann - vereinigen, das von Süden her auf die irakische Hauptstadt marschiert. Sobald diese Truppen vor den Toren der Stadt auftauchen - so eine der gängigen Kriegsverlauf-Theorien - würden sich die Bewohner der Hauptstadt in einem Aufstand gegen Saddam Hussein erheben und einen verlustreichen Häuser-Kampf weitgehend überflüssig machen.