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Russland droht mit Vergeltung

8. März 2014

In der Krise um die Krim will Russland Sanktionen des Westens nicht hinnehmen. Prorussische Kämpfer attackieren derweil eine ukrainische Luftwaffen-Basis. Und Julia Timoschenko besucht Berlin - in eigener Sache.

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Russischer Soldat auf der Krim (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Die von den USA beschlossenen Strafmaßnahmen würden die Amerikaner wie ein Bumerang treffen, hieß es aus Moskau. In einem Telefonat appellierte der russische Außenminister Sergej Lawrow an seinen US-Kollegen John Kerry, die bilateralen Beziehungen nicht durch "überhastete und rücksichtslose Schritte" zu beschädigen.

US-Präsident Barack Obama hatte angeordnet, die Vermögen all derjenigen einzufrieren, die die Sicherheit und territoriale Unversehrtheit der Ukraine bedrohten. Zudem verschärften die USA die Einreiseverbote, die sie angesichts der Gewalt in der Ukraine bereits verhängt hatten. Sanktionen gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin planen die USA nach eigenen Angaben vorerst allerdings nicht.

"Extrem unkonstruktiv"

Eine klare Warnung richtete das russische Außenministerium an die Europäische Union. Sollte diese die von ihr angedrohten weiteren Strafmaßahmen tatsächlich verhängen, werde Russland Vergeltung üben. Die EU habe mit ihrer Entscheidung, die Gespräche über Reiseerleichterungen auf Eis zu legen, eine "extrem unkonstruktive Position" eingenommen: "Russland wird die Sprache von Sanktionen und Drohungen nicht akzeptieren." Ein Sprecher des Kreml äußerte dennoch die Hoffnung, dass es nicht zu einem neuen "Kalten Krieg" kommen werde.

Die Vorsitzenden beider Kammern des russischen Parlaments zeigten sich offen für die Angliederung der Krim, sollte die dortige Bevölkerung in einem Referendum dafür stimmen. Das Krim-Parlament hatte den russischen Präsidenten Putin am Donnerstag um Aufnahme in die Russische Föderation gebeten. Ein Volksentscheid wurde für den 16. März angesetzt.

Sturm auf Krim-Kaserne

Ungeachtet aller Appelle drangen am Freitagabend russisch sprechende Uniformierte in einen Stützpunkt der ukrainischen Luftwaffe auf der Krim vor, wie die Übergangsregierung in Kiew berichtete. Auf der Basis stationierte ukrainische Soldaten hätten sich in Kasernengebäuden verbarrikadiert, heißt es. Schüsse fielen angeblich nicht. Ein Korrespondent der britischen Zeitung "Daily Telegraph" berichtete unter Berufung auf das ukrainische Militär, dass die Angreifer später wieder abgezogen seien. Ihr Motiv ist unklar.

Unterdessen scheiterte auch der zweite Versuch von Beobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), auf die Krim zu gelangen. Die 47 OSZE-Beobachter seien an einem Kontrollposten bei Tschongar von etwa zehn Bewaffneten aufgehalten worden, berichteten Augenzeugen. Die Beobachter traten daraufhin - wie bereits am Donnerstag - den Rückzug an. Sie sollen Berichte überprüfen, wonach Russland in großem Umfang Truppen auf die Krim schickte, was Moskau bestreitet.

"Auf der Krim befinden sich russische Soldaten nur dort, wo die Schwarzmeerflotte stationiert ist und der Schutz von Militärobjekten verstärkt wurde", betonte ein Vertrauter Putins. Allerdings könne der Präsident nicht ruhigbleiben, wenn russische Bürger im Nachbarland "in Todesgefahr" seien.

Merkel, Obama und Ban sorgen sich

Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel berieten in einem Telefonat über die Krise - und sie demonstrierten Einigkeit. Beide hätten besorgt auf "den Bruch des Völkerrechts durch die Militärintervention in der Ukraine" reagiert und darin übereingestimmt, "dass Russland seine Einsatzkräfte zurückziehen müsse", teilte das Weiße Haus in Washington mit. Merkel und Obama seien sich zudem einig, dass internationale Beobachter und Menschenrechtsexperten Zugang zur Krim erhalten und im Mai "freie und faire Präsidentschaftswahlen" stattfinden müssten. Sowohl der US-Präsident als auch die Kanzlerin plädierten dafür, dass Russland der raschen Bildung einer Kontaktgruppe zustimmen sollte, um einen direkten Dialog zwischen Kiew und Moskau zu ermöglichen.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief alle Beteiligten zur Besonnenheit auf. Das auf der Krim geplante Referendum sei eine "beunruhigende und ernste Entwicklung", ließ Ban in New York mitteilen.

Timoschenko zu Gast in Deutschland

Die frühere ukrainische Ministerpräsidentin Julia Timoschenko traf inzwischen in Berlin ein, wo sie sich wegen eines Rückenleidens behandeln lassen will. Vom Flughafen Schönefeld aus wurde sie direkt in das Universitätsklinikum Charité gefahren.

Timoschenko kam aus Dublin. In der irischen Hauptstadt war sie am Rande eines Gipfels der konservativen europäischen Parteien auch mit Merkel zusammengetroffen. Die Kanzlerin hatte Timoschenkos Forderung nach sofortigen harten Wirtschaftssanktionen gegen Russland zurückgewiesen. Die EU habe sehr deutlich gemacht, wie sie vorgehen werde: "Wir erwarten innerhalb weniger Tage die Bildung eines diplomatischen Gremiums", sagte Merkel mit Blick auf die vom Westen geforderte Einsetzung einer Kontaktgruppe. "Wenn das nicht der Fall ist, dann wird man weitere Sanktionen ins Auge fassen müssen", fügte Merkel hinzu.

Angela Merkel und Julia Timoschenko in Dublin (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/Bundesregierung

wa/qu (dpa, afp, rtr)