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Krisenwahlen in Russland

Evgenij Haperskij3. März 2009

Bei Wahlen in neun Regionen Russlands hat sich die Regierungspartei Einiges Russland klar durchgesetzt - trotz der Krise, die das Land hart getroffen hat. Also alles gut im Putin-Lager?

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Bild: DW

"Alles Schwindel!", tobte der ultra-nationale Parteivorsitzende der Liberaldemokraten, Wladimir Schirinowski, am Montag (02.03.2009) auf einer Pressekonferenz. Er fand deutliche Worte für das Ergebnis, das seiner Meinung nach zu niedrig für seine Partei ausgefallen ist: "Wir sind nicht einverstanden! Wir sollten doppelt so viele Stimmen bekommen wie wir haben! Es wurde wieder mal alles dafür getan, dass Einiges Russland diese Wahlen gewinnt!"

Plakate verunstaltet, Wähler und Politiker eingeschüchtert, Füller, mit denen die Wähler ihre Kreuzchen auf die Wahlzettel machen sollten, mit Zaubertinte manipuliert - all diese Vorwürfe fanden sich in Schirinowskis Repertoire.

Keine Krisenstimmung trotz Krise

Tatsächlich hat sich Einiges Russland, die Partei von Ministerpräsident Wladimir Putin, für viele Beobachter überraschend klar durchgesetzt, denn das Land steckt in einer Krise. Von den 101 Dollar-Milliardären im vergangenen Jahr sind Anfang 2009 nur noch 49 übrig.

Aber nicht nur die Vermögen der Oligarchen hat die Wirtschaftskrise vernichtet. Der Wolkenkratzer Rossija, ein 612-Meter hoher Prestigebau, wird derzeit wegen fehlender Kredite nicht weitergebaut. Auch der Bau des Gasprom-Turms in Sankt Petersburg wurde gestoppt. Im November sank das verfügbare Einkommen der Bevölkerung um 6,2 Prozent, zwei Millionen Menschen haben ihre Arbeit verloren, der Rubel wurde abgewertet.

Und trotzdem bleiben die Menschen der Partei treu: In allen neun Regionen hat Einiges Russland die meisten Stimmen geholt und ist dabei auf Stimmenanteile zwischen 49 und 79 Prozent gekommen. Krise, welche Krise?

Kein eindeutiges Stimmungsbarometer

"Das sind keine Wahlen, das ist Barbarei", tönte Schirinowski nach der Abstimmung. Harte Worte von einem, der gerade für seine harten Worte bekannt ist - und dafür, dass man ihn nicht immer ernst zu nehmen braucht. Denn der Chef der nationalistisch geprägten Liberaldemokraten ist als "Kremlclown" verschrien. Sein Getöse wird Staatschef Medwedew überhören können. Nicht aber die wachsende Unzufriedenheit im Volk.

Denn trotz des Sieges bei den Regionalwahlen nimmt in der russischen Bevölkerung die Kritik an der Arbeit von Regierung und Staatsführung zu. In diesem Jahr haben schon mehrere tausend Menschen in Großstädten gegen die Wirtschaftspolitik von Medwedew und Putin demonstriert.

Die Wahl hat eines gezeigt: Gerade in den großen Städten verliert die Regierungspartei den Zuspruch der Menschen. Immer mehr verwandelt sich Einiges Russland zu einer "Partei für Landbewohner", wie die Onlinezeitung "Gazeta.ru" schreibt. In Großstädten dagegen werden die Kommunisten zu einem ernst zu nehmenden Gegner für die Regierungspartei.