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Kritik für deutschen Plan

14. Februar 2011

Bundesfinanzminister Schäuble hat eine undankbare Aufgabe: Er muss in Brüssel die Euro-Finanzminister vom neuen "Pakt für Wettbewerbsfähigkeit" überzeugen. Doch das wird nicht einfach, denn der Widerstand ist groß.

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Archiv: Wolfgang Schäuble Bundesfinanzminister (Foto: dpad)
Wolfgang Schäuble soll überzeugenBild: dapd

Bevor Wolfgang Schäuble am Montag (14.04.2011) in Brüssel den Finanzministern aus den Euro-Staaten die Vorschläge für den neuen Pakt erläutern wird, hat er sich nochmals der Unterstützung Frankreichs versichert. Mit der französischen Finanzministerin Christine Lagarde ging er am Freitag (11.04.2011) in Berlin vor die Presse, um zu demonstrieren, dass die beiden größten Euro-Länder es Ernst meinen mit dem Pakt - trotz aller Kritik, die seit einer Woche von vielen EU-Staaten und Parlamentariern an einzelnen Vorschlägen geübt wird. Der Wochenzeitung "Die Zeit" sagte Schäuble, es ginge nicht darum, der Euro-Zone deutsche Rezepte zur Euro-Rettung aufzuzwingen: "Wir können Europa nicht schaffen, wenn wir sagen, dass alle so werden sollen wie wir."

Frankreichs Präsident Sarkozy und Deutschlands Kanzlerin Merkel stehen an zwei Redepulten und schauen sich an (Foto: dapd)
Ein Herz und ein Seele beim Euro: Merkel (li.) und SarkozyBild: AP

"Nur ein Versuchsballon"

In dem deutsch-französischen Entwurf für den Pakt, der beim Sondergipfel der 17 Euro-Staaten am 11. März 2011 beschlossen werden soll, steht allerdings eindeutig, dass die Wettbewerbsfähigkeit sich an den Besten orientieren soll. Das Rentenalter solle wie in Deutschland angehoben werden, alle Euro-Staaten sollten eine Schuldenbremse nach deutschem Muster einführen, die Lohnabschlüsse sollten nicht an den Preisanstieg gekoppelt werden und die Unternehmenssteuern sollten vereinheitlicht werden.

An diesen Maßnahmen, die zwischen den Euro-Staaten nicht per Vertrag, sondern sozusagen per Handschlag durch die Staats- und Regierungschefs vereinbart werden sollen, gab es heftige Kritik. Der belgische Außenminister Steven Vanackere sagte, bei dem Pakt könne es sich nur um einen Versuchsballon handeln. Belgien lehnt die Entkoppelung von Löhnen und Preisentwicklung ebenso wie Luxemburg strikt ab. Italien und Irland sind gegen eine Harmonisierung der Steuersysteme. Dafür sei die EU nicht zuständig, heißt es. Das schwer verschuldete Irland will seine niedrigen Steuern für Unternehmen um jeden Preis behalten. Die Diskussionen über diesen Punkt beim letzten EU-Gipfel nannte die Zeitung "Irish Times" ein Blutbad. Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann erklärte, ein Eingriff der EU in die Rentensysteme sei schwer vorstellbar. Die Unterschiede zwischen den Staaten seien einfach zu groß.

Irlands Premierminister Brian Cowen (Foto: AP)
Irlands Premier Cowen wurde laut: Hände weg von unseren SteuernBild: AP

"Das ist Wahnsinn"

Der Europa-Abgeordnete Elmar Brok (CDU) warnte seine Parteifreundin, Bundeskanzlerin Merkel, davor, mit dem Pakt, das europäische Parlament auszuschließen. "Es ist ein Wahnsinn parallele Strukturen aufzubauen, die sich mehr behindern als helfen. Denn wir sollten sehen, dass diese verstärkte Zusammenarbeit unter Einbeziehung der europäischen Institutionen läuft. Mit diesem Wettbewerb wird man den Gemeinschaftscharakter der Union auf Dauer kaputtmachen", sagte Brok im Hessischen Rundfunk.

Der Volkswirt Martin Hüfner findet dagegen, der Pakt sei dringend notwendig. Die Maßnahmen könnten nur ein erster Schritt sein: "Wenn wir hier Mindeststandards setzen für sechs Punkte, unter anderem für das Rentenalter und die Lohnindexierung, dann sind das alles wichtige Dinge, die für das Zusammenwachsen in der Eurozone notwendig sind. Ob sie am Ende dann ausreichen werden, um die Einheitlichkeit in Euroland zu erreichen, das mag ich bezweifeln."

Jeder kann mitmachen

Polen, das größte Land, das den Euro noch nicht als Gemeinschaftswährung hat, fühlt sich von dem geplanten Pakt ausgeschlossen. Es entstehe ein Europa der zwei Geschwindigkeiten. Bei ihrem jüngsten Besuch in Warschau am Montag (07.02.2011) versuchte Bundeskanzlerin Angela Merkel zu beruhigen: "Der Wettbewerbspakt steht da offen, wo es um mehr Wettbewerbsfähigkeit geht. Und wir würden uns freuen, wenn Polen dabei mitmacht, weil es ein reformfreudiges Land ist." Alle Länder, die mitmachen wollten, beim Pakt seien herzlich willkommen, betonte die Kanzlerin unentwegt.

Der Euro hängt an einem Faden (Foto: Fotolia)
Welcher Pakt rettet den Euro?Bild: Fotolia/Fantasista

Die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit ist nur ein Teil eines Gesamtpakets, dass die EU zur Stabilisierung des Euro Ende März beim Gipfeltreffen der 27 Staats- und Regierungschefs schnüren will. Dazu gehören auch die Ausweitung des Rettungsschirms, eine Verschärfung der Haushaltsüberwachung und Strafen für Schuldensünder. Langwierige Änderungen der EU-Verträge für diese Maßnahmen will Angela Merkel mit ihrer Idee umgehen.

Einfluss auf den Gang der Verhandlungen könnten auch die vorgezogenen Parlamentswahlen Ende Februar in Irland haben. Dort steht ein Machtwechsel bevor. Die bisherige Opposition will Irlands Kreditkonditionen bei der Europäischen Union und beim Internationalen Währungsfonds neu verhandeln. Auch Griechenland möchte eine Streckung seiner Kredite erreichen. Außerdem muss ein Kandidat für die Nachfolge des scheidenden Präsidenten der Europäischen Zentralbank gefunden werden.

Autor: Bernd Riegert (mit afp)
Redaktion: Julia Kuckelkorn