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Kritik an Parlaments-Wahlkampf in Kirgisistan

6. Dezember 2007

Am 16. Dezember wählt Kirgisistan ein neues Parlament. Menschenrechtlern zufolge unterstützen alle Staatsorgane, darunter auch die Wahlkommission, nur die Partei des Präsidenten. Experten sehen Parallelen zu Russland.

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Opposition erwägt neue ProtestaktionenBild: AP

Das kirgisische Menschenrechtszentrum "Bürger gegen Korruption", das den Wahlkampf beobachtet, hat bereits zahlreiche Gesetzesverstöße seitens Beamter festgestellt. Experten sind überzeugt, dass die Zentrale Wahlkommission bei der Registrierung der Kandidatenlisten absichtlich und unbegründet mehrere Parteien von den Wahlen ausgeschlossen hat.

Beschwerden gegen die Partei von Präsident Kurmanbek Bakijew, "Ak schol", ignoriere die Kommission. Sie befolge nur Anweisungen von oben, sagte die Leiterin des Menschenrechtszentrums "Bürger gegen Korruption", Tolekan Ismailowa, und fügte hinzu: "Alle Staatsorgane unterstützen nur die Partei des Staatsoberhaupts. Die Rektoren der Hochschulen dienen wie früher wieder der Staatsmacht. Das ist in der Kirgisischen Nationalen Universität deutlich geworden, wo der Prorektor erklärte, alle müssten für ‚Ak schol‘ stimmen. Die Dozenten sind zu Geiseln geworden, auch Ärzte und Staatsbedienstete. Die Leiter von Behörden stellen ihre Mitarbeiter vor die Wahl: entweder Ihr folgt uns, oder unterschreibt Eure Kündigung."

Versammlungsfreiheit eingeschränkt?

Das Menschenrechtzentrum "Bürger gegen Korruption" legte inzwischen bei der Staatsanwaltschaft gegen den Stadtrat von Bischkek Beschwerde ein, weil der Bürgermeister der Hauptstadt, Danijar Usenow, vor den Wahlen die Veranstaltung von Kundgebungen eingeschränkt hat. Demonstrationen dürfen nun nur noch an eigens dafür vorgesehenen Orten stattfinden. Auf dem zentralen Platz der Stadt oder vor dem Regierungsgebäude sind sie nun untersagt.

Solche Maßnahmen seien verfassungswidrig, sagte die Menschenrechtlerin Ismailowa: "Wir machen zudem darauf aufmerksam, dass das Innenministerium die Passbestimmungen verschärft hat, was das Recht der Bürger auf Bewegungsfreiheit verletzt. Viele Beamte unterschiedlichen Ranges verstoßen gegen Gesetze, die Verfassung und internationale Verpflichtungen, die eine faire, transparent und gleichberechtigte Beteiligung am Wahlkampf beinhalten." Unterdessen schließen mehrere Oppositionsparteien nicht aus, noch vor den Wahlen Massenkundgebungen durchzuführen, aus Protest gegen die Unterdrückung der Opposition.

Erstmals gilt eine Frauenquote

Die Parlamentswahlen am 16. Dezember werden zum ersten Mal ausschließlich nach Parteilisten abgehalten. Ferner gilt erstmals eine Frauenquote von 30 Prozent. Je weniger Parteien ins Parlament gewählt werden, desto mehr Frauen werden in ihm vertreten sein, meint Dschanyl Abdyldabek vom kirgisischen Zentrum für Genderforschung: "Je weniger Parteien im Parlament vertreten sein werden, desto mehr Mandate bekommt eine einzelne Partei, und dann können auch mehr weibliche Abgeordnete dabei sein. Wenn es viele Parteien sein werden, die nur zwei oder drei Sitze bekommen, dann ist es unwahrscheinlich, dass eine Frau einen bekommt. Im ungünstigsten Fall werden es etwa 15 Frauen sein, aber wahrscheinlich werden es zwischen 20 und 25 sein, die ins Parlament einziehen."

Tscholpon Schakulowa von der oppositionellen Partei "Ata-Meken" sagte, dem künftigen Parlament würden eher Frauen angehören, die bereit seien, sich der heutigen Staatsmacht unterzuordnen. Jedenfalls sei schon jetzt zu beobachten, dass bekannte Frauen aus der Opposition unter verschiedenen Vorwänden aus den Parteilisten gestrichen würden.

Parallelen zur Duma-Wahl in Russland

Der russische Journalist und Zentralasien-Experte Arkadij Dubnow stellt Ähnlichkeiten zwischen der bevorstehenden Parlamentswahl in Kirgsisistan und der Wahl zur russischen Staatsduma vom 2. Dezember fest. In beiden Ländern stünden die Präsidenten an der Spitze der Kandidatenlisten der führenden Parteien. Dubnow sieht aber noch weitere Parallelen: Neben der Partei von Präsident Kurmanbek Bakijew werden vermutlich die Kommunisten und zwei oppositionelle Parteien ins kirgisische Parlament einziehen. Auch werde der gesamte Wahlkampf von der Präsidenten-Administration gesteuert.

Beobachter vor Ort gehen davon aus, dass die Partei "Ata-Meken" ins Parlament kommt. Möglichweise werde man noch die von Feliks Kulow geführte Partei "Ar-Namys" hineinlassen. Die Rolle der "Opposition innerhalb des Systems" werde die Partei "Turan" übernehmen. Mit ihr könne sich die Staatsmacht leicht einigen. Dann werde die Machtverteilung in Kirgisistan der in Russland ähneln, sagte Dubnow.

Witalij Katargin, DW-Zentralasien